M. C. Escher, Grafiker des Unendlichen
Treppen, die zugleich aufsteigen und hinabgehen. Ein nie endender Wasserfall. Vögel, die sich in Fische und wieder in Vögel verwandeln. Eine Welt, die auf den ersten Blick logisch erscheint, sich dann aber als in der Realität vollkommen unmöglich herausstellt. Seine Werke faszinieren auch heute noch: M. C. Escher, Grafiker des Unendlichen!

Das Paleis Lange Voorhout in Den Haag, Sitz des Escher-Museums, mit dem Bild von Escher an der Fassade, das zu den ersten gehören dürfte, die der Autor dieses Beitrags von ihm gesehen hatte: „Dag en nacht“/ „Day and Night“ (Bild: michiel1972 über Wikimedia Commons)
Seit ich zum ersten Mal ein Werk des niederländischen Grafikers M. C. Escher, eigentlich Maurits Cornelis Escher, gesehen habe, bewundere ich seine Arbeiten. Nachdem ich bei Arte den Dokumentarfilm „M. C. Escher – Reise in die Unendlichkeit“ von Robin Lutz aus dem Jahr 2018 gesehen hatte, flammte diese Bewunderung erneut auf.
Neben seiner Tätigkeit als Grafiker, die er zu geradezu genialer Perfektion führte, betätigte er sich auch als Mathematiker. Diese und weitere seiner Seiten beleuchtet eine andere sehr sehenswerte niederländische Fernsehdokumentation.
Ein schlechter Schüler, selbst im Kunstunterricht
1898 in eine wohlhabende Familie hineingeboren, hatte er trotz seiner zeichnerischen Begabung sogar im Fach Kunst schlechte Noten. Überhaupt war er ein schlechter Schüler, zudem kränkelte er als Kind häufig. Ein 1919 in Haarlem begonnenes Architekturstudium brach er schon nach einer Woche ab. Einer seiner Lehrer entdeckte jedoch sein grafisches Talent und förderte ihn.
Ab 1921 bereiste er mehrfach Italien und Spanien. Seine in Italien entstandenen Landschaftsdarstellungen bedienten sich noch einer breiten Palette grafischer Stile. Die arabische Ornamentik in der Alhambra in Granada sollte sein Werk maßgeblich beeinflussen.
Viele Reisen und erste Popularität
In Italien lernte er 1923 die Schweizerin Giulietta „Jetta“ Umiker kennen, die er 1924 in Viareggio heiratete. Das Paar ließ sich in und später bei Rom nieder. Dessen antike Architektur inspirierte ihn aber übrigens nur nachts, wenn sie angestrahlt wurde. Tagsüber fühlte er sich von ihr „erschlagen“. Während der 1920er-Jahre erlangte er eine gewisse Popularität und hatte 1929 gleich fünf Ausstellungen in den Niederlanden und der Schweiz. Auch in den USA fand er erste Aufmerksamkeit. Bis 1937 entstanden überwiegend mediterrane Landschaftsbilder, darunter 1930 die große Lithografie eines kleinen Abruzzendorfes („Castrovalva“).

Ein Bodenmosaik in der Alhambra, 1936 von Escher als Versuch für Parkettierungen aufgegriffen (Patrick Gruban, Flickr über Wikimedia Commons)
Aus Abneigung gegen den italienischen Faschismus (sein Sohn wurde in der Schule gezwungen, eine schwarze Uniform zu tragen) verlegten die Eschers ihren Wohnsitz 1935 in die Schweiz, die ihn künstlerisch jedoch nicht inspirierte. Schließlich bereiste er auf einem Frachtschiff die Adria, Sizilien und die Riviera. Nach einem zweiten Besuch der Alhambra 1936 veränderte sich seine Thematik. Es folgte die Periode der Metamorphosen, in der auch die Grafik ganz oben entstand.
Viele Umzüge und weitere Phasen
1937 folgte ein weiterer Umzug in die Nähe von Brüssel. Er begann zunehmend, mit Flächenfüllungen (Parkettierung) zu experimentieren. Als die Nationalsozialisten in Brüssel einmarschierten, zog die Familie erneut um, diesmal ins niederländische Baarn. Von dort musste er miterleben, wie sein Freund und früherer Lehrer und Förderer Samuel Jessurun de Mesquita samt Frau und Sohn von den Nazis verhaftet und deportiert wurden. Escher ist es zu verdanken, dass Mesquitas Werk überliefert ist. Nachdem sie den Künstler verhaftet hatten, verwüsteten Nazi-Schergen sein Atelier, warfen Zeichnungen und Grafiken auf die Straße. Escher rettete an die 450 Werke.

Ergebnis seiner Beschäftigung mit der Kristallografie: Skulptur eines Dodekaedersterns nach einer Zeichnung von Escher auf dem Gelände der Universität Twente (Berteun Damman über Wikimedia Commons)
Nach Kriegsende erlernte Escher die Mezzotinto-Technik, die er jedoch für sich bald wieder verwarf, und wandte sich ab 1946 verstärkt perspektivischen Bildern („Boven en onder“/ „Oben und Unten“, 1947) zu. Inzwischen erhielt er zunehmend internationale Aufmerksamkeit, vor allem in den USA, aber auch in den Niederlanden und in Deutschland. Durch einen seiner Brüder begann er, sich für die Kristallografie und die Mathematik zu interessieren, die einen weiteren Einfluss auf sein Werk ausüben sollten.
Nach der Trennung von seiner Frau zog er in eine Wohnstätte für ältere Künstler/-innen und Wissenschaftler/-innen. 1964 erkrankte er so schwer, dass er operiert werden musste. Zwei Jahre nach einer zweiten Operation starb er am 27. März 1972 in Hilversum.
M. C. Escher: Werk und Wirken
Escher schuf vor allem grafische Arbeiten und brachte es in den Techniken des Holzschnitts, des Holzstichs und der Lithografie nicht nur zur technischen Perfektion, sondern geradezu zu einer Genialität. Seine bekanntesten Werke, die ihm nahezu den Status eines Popstars einbrachten, den er aber ablehnte, beschäftigen sich mit der Darstellung perspektivischer Unmöglichkeiten, optischer Täuschungen und multistabiler Wahrnehmungsphänomene.

„Hand met spiegelende bol“ von M. C. Escher (© the M.C. Escher Company B.V., Baarn, the Netherlands / Gemeentemuseum Den Haag)
Man sieht Objekte oder Gebäude, die auf den ersten Blick natürlich zu sein scheinen, auf den zweiten aber vollkommen widersprüchlich sind („unmögliche Figuren“). Zu seinen bekanntesten Werken zählen etwa der „Wasserfall“ („Waterval“/ „Waterfall“, 1961), für den die „Pennrose-Treppe“ Vorbild war, „Treppauf Treppab“ („Klimmen en dalen“/ „Ascending and Descending“, 1960), eine auf ähnliche Weise konstruierte viereckige, endlose Treppe. Oder seine „Drawing Hands“ („Tekenen“, 1948): ein Blatt Papier, auf dem sich zwei einander gegenüberliegenden Hände gegenseitig zeichnen. Daneben widmete er sich auch Themen wie Möbiusbändern (z. B. „Band“/ „Bond of Union“, 1956), Kristallformen, Spiegelungen, optischen Verzerrungen, Fraktalen und Unendlichkeitsannäherungen. M. C. Escher, Grafiker des Unendlichen!
Bekannt ist auch sein Selbstporträt in der Spiegelung einer Glaskugel.

Relief an einem Bürogebäude im Houtrustweg in Den Haag nach M. C. Escher (Wikifrits über Wikimedia Commons)

„Waterval“ von M. C. Escher (© the M.C. Escher Company B.V., Baarn, the Netherlands/ Gemeentemuseum Den Haag)
Bei Wissenschaftlern und Mathematikern geschätzt – von Hippies auch
Die Werke dieses großen, hageren Mannes entziehen sich jedoch klassischer Kunstbetrachtung, da sie sich in keine der üblichen Kategorien einordnen lassen. Hingegen schätzten ihn Wissenschaftler und Mathematiker sehr. Seine Arbeiten nähern sich auf eine intuitive und sinnliche Weise mathematischen Themen und Problemstellungen an. Seine Bilder fanden auch Anklang bei Esoterikern und in der Popkultur des 20. Jahrhunderts. Es existierten vor allem in den USA viele Raubdrucke. Die Vereinnahmung etwa durch die Hippie-Bewegung lehnte er jedoch genauso ab wie sie ihn verwunderte. Die Freigabe seiner Werke für Plattenhüllen lehnte er auch ab. Was i. Ü. selbst jemand wie Mick Jagger erfahren musste, der sich bei Escher eine derbe Abfuhr eingehandelt hatte!
Die Dokumentation: „M.C. Escher Documentary“
Die Dokumentation über M. C. Escher, eine Produktion von CINEMEDIA in Zusammenarbeit mit den niederländischen Fernsehsendern Nederlandse Programma Stichting (NPS) und Radio Netherlands Television (RNTV), 1999 (englisch, 59 Minuten). Das Standbild zeigt übrigens zwei der Söhne Eschers, die sich im Schweizer Schnee vergnügen, der ihn, Escher, nur langweilte.
Aber Achtung: Ich empfehle dringend, keine Untertitel zu verwenden bzw. sie abzuschalten, weil sie von groben (!) Transkriptions- und Übersetzungsfehlern nur so wimmeln! Mag „the duck city“ anstatt des korrekten „the Dutch city“ noch lustig sein, so sind beispielsweise Transkriptionen wie die seines Werks „Bond“ als „bombed“ geradezu peinlich. Deutsche Untertitel liegen nicht vor.
Wem der Film jedoch gefällt, der/dem sei auch noch „M. C. Escher – Artist, Mathematician, Man“ (eine Stunde, elf Minuten) empfohlen, in dem die Mathematik-Professoren Roger Penrose und Jon Chapman im Rahmen einer Oxford Mathematics Public Lecture Eschers Werke erklären und „dekonstruieren“:
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„Reise in die Unendlichkeit“

Maurits Cornelis Escher (© 2018 Robin Lutz AV productions)
Noch bis zum 15. September 2024 ist außerdem auf Arte der niederländische Dokumentarfilm „M. C. Escher – Reise in die Unendlichkeit“ von Robin Lutz erneut zu sehen. Dieser Film war es, der mich bei seiner Erstausstrahlung überhaupt erst dazu veranlasste, mich wieder einmal mit diesem Künstler zu beschäftigen und diesen Beitrag zu verfassen. Im niederländischen Original heißt der Film übrigens: „M.C. Escher, het oneindige zoeken“, das unendliche Suchen. Ein Titel, der sein Leben äußerst treffend charakterisiert!
Weitere Verweise
- M. C. Escher in der deutschen Wikipedia, aus der ein Großteil des hier verwendeten Texts stammt,
- M. C. Escher in der englischsprachigen Wikipedia, wo aufgrund anderer Urheberrechtsregelungen mehr Abbildungen seiner Werke vorhanden sind,
- Escher-Museum in Den Haag, die wohl ausführlichste Website über ihn und sein Werk,
- M.C. Escher, die offizielle Website,
- National Gallery of Art: M.C. Escher — Life and Work,
- Fraktalwelt: Escherkacheln.
- Siehe hier etwa auch „Künstler“, ein Zitat von Thomas Bernhard aus „Die Berühmten“!
(Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 28. Juli 2022 in meinem beruflichen Weblog unter „M. C. Escher: Grafiker der Unendlichkeit“ und wurde hierfür leicht editiert, ergänzt und aktualisiert.)
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