Alles wo oder wie?
Über den unsinnigen und falschen Gebrauch eines Wörtchens
Im heutigen Sprachgebrauch setzt sich immer mehr der Gebrauch des Wörtchens „wo“ durch, um Satzteile zu verbinden. Selbst in völlig falschen Fällen! Im Folgenden einige Beispiele, dem wahren Leben abgelauscht.
Im heutigen Sprachgebrauch setzt sich immer mehr der Gebrauch des Wörtchens „wo“ durch, um Satzteile zu verbinden. Selbst in völlig falschen Fällen! Und seltsamerweise erlaubt auch noch der Duden, „wo“ anstelle von beispielsweise „an dem“ zu verwenden:
der Tag, wo (an dem) er sie das erste Mal sah
Dabei habe ich noch gelernt, dass das Adverb „wo“ einen örtlichen oder räumlichen Bezug herstellt, aber keinen zeitlichen!
Häufig mit akademischem Bildungsniveau
Diese Unsitte wird interessanterweise keineswegs nur von Menschen angewandt, die auch sonst schlecht deutsch sprechen. Im Gegenteil: Auffällig häufig verfügen sie über ein akademisches Bildungsniveau! Im Folgenden einige Beispiele, dem wahren Leben abgelauscht.
Jetzt, wo so schönes Wetter ist, will ich die Gelegenheit nutzen, mir während eines langen Spaziergangs Gedanken über meine berufliche Situation zu machen.
Ich hatte einen schweren Unfall, wo ich lange im Krankenhaus lag und es mir nicht so gut ging. In dieser Woche, wo ich den Unfall hatte, lernte ich X kennen, der mir die Rolle des Y vorschlug, wo er sich gedacht hatte, dass ich sie gut ausfüllen würde.
Die Rollenverteilung war klar, wo ich meinen Wünschen und Bedürfnissen nachgeben musste. Ich komme in ein Alter, wo ich mir meine Rollen nicht immer aussuchen kann. Wo wir gerade davon sprechen: Natürlich gibt es Rollen, wo ich gerne spielen würde, ohne Frage! Da gibt es schon Beispiele, wo man darüber nachdenken könnte, aber es gibt auch Stücke, wo ich sagen würde: Nein.
Es gibt auch Sachen, wo ich unzufrieden mit mir bin. Wir haben einen Beruf, wo man viele Leute kennenlernt und reisen muss. Das ist ein Spiel, wo ich nicht immer gerne mitspiele.
Meine Genesung, wo ich therapiert werden musste, verlief schleppend. Aber jetzt, wo ich dieses Angebot habe, werde ich es annehmen. Es ist ein Text, wo man als Schauspieler nicht lange darüber nachzudenken braucht. Dieses Stück möchte ich zu einer Aufführung machen, wo man lange nichts vergleichbares gesehen hat! Ein Werk, wo man sich nicht wird entziehen können!
Ich habe wieder ein Ziel, wo es sich lohnt, eine Performance zu bringen.
Fällt jemandem etwas auf? All diese Beispiele sind der modernen Umgangssprache abgelauscht. Besonders übrigens der von Psychologen, Soziologen, Schauspielern und im Kulturbetrieb Tätigen sowie Werbern. Nicht zu vergessen: Sportler!
Nachtrag und Aktualisierung vom 14. Mai 2016
Diese Unsitte ist und bleibt einfach nicht auszurotten! Paradebeispiele sind immer wieder Moderator Oliver Welke und die Fachleute Oliver Kahn und Mehmet Scholl als Kommentatoren bei Fußballspielen. Gestern hörte ich im Radio ein kurzes Interview mit einem bekannten Theaterregisseur, der ebenso auf diese hilflose Art, Satz und Nebensatz zu verbinden, zurückgriff. Für einen Menschen, der mit Theater und damit Sprache zu tun hat, geradezu ein Armutszeugnis!
Ich habe schon Sendungen abgeschaltet, wenn solche „Fachleute“ interviewt wurden, so interessant das Gespräch auch gewesen sein mag!
Es gibt da wo Orte, wo die Verantwortlichen sitzen; wo man hingehen und wo man fragen kann: Wo habt ihr eigentlich euer Hirn, wo ihr solche Entscheidungen fällt, wo fast ein ganzes Volk vor die Hunde geht?
Ja, wo habt ihr eigentlich eure Hirne? Das frage ich mich auch, und in diesem Fall ist die Verwendung von „wo“ korrekt!
Pingback:Alles wo oder wie? — Setzfehler
Deutsche Sprache, schwere Sprache. Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod aber es gibt noch andere Übeltäter, die die Sprache morden. 😉
Mir stößt immer wieder das „dem“ nach „wegen“ auf (auch in den Medien). Das „wo“ wird offenbar auch so falsch benutzt, war mir bisher nicht so sehr aufgefallen, aber Deine Beispiele sind extrem. Ich finde, es hört sich schon auf Anhieb so falsch an, dass ich mich frage, wie man überhaupt auf die Idee einer solchen Formulierung kommen kann.
Ich habe das Gefühl, dass die missbräuchliche Verwendung dieses Wörtchens immer mehr um sich greift, weshalb diese Notiz kürzlich aktualisiert wurde. Übrigens zeigt das Werkzeug zur Suchmaschinenoptimierung an, dass ich ebendieses „wo“, das ich als Stichwort für Suchmaschinen angegeben habe, so oft verwendet habe, dass diese Notiz als Schummelei, weil Suchmaschinenbetrug (Suchmaschinen-Spamming, englisch: Search Engine Spamming, auch: Index-Spamming, Spamdexing, Linkspamming), eingestuft wurde, um ein besseres Ranking zu erreichen, was zwar von mir aus nicht beabsichtigt ist, aber trotzdem automatisch zu einer Abwertung des Beitrags führt. 🙂
Danke für den Kommentar!