An alle „Besserossis“
Es wird langsam höchste Zeit für einen offenen Brief an alle „Besserossis“. An Menschen also, die, obwohl stante pede von einer Nazi- in eine SED-Diktatur übergegangen, meinen, mich über Demokratie belehren zu wollen. Und das, ohne sie begriffen zu haben!
An alle „Besserossis“,
dies ist ein offener Brief an alle Bewohnerinnen und Bewohner der ehemaligen DDR, also der neuen Bundesländer. An die, die immer wieder meinen, mir Demokratie erklären zu müssen. Und das, obwohl sie stante pede von einer Nazi- in eine SED-Diktatur übergegangen sind. Die zwar seit Jahren in einer Demokratie leben, diese aber offensichtlich immer noch nicht kapiert haben!
Er richtet sich ausdrücklich nicht an alle Menschen dort! Ich ziehe meinen Hut vor Menschen, die sich zivilgesellschaftlich im Sinne von Vielfalt und Toleranz engagieren. Und das unter sehr häufig schwierigsten Bedingungen! Er richtet sich an Menschen, die ich im Umkehrung der Bezeichnung „Besserwessi“ „Besserossis“ nenne.
Dafür dürfen sich Menschen aus dem Westen Deutschlands. die, obwohl hier aufgewachsen und von daher eigentlich mit allen Voraussetzungen gesegnet, um zu wissen, wie Demokratie funktioniert, ebenso wenig davon verstehen, durchaus angesprochen fühlen! (Die Frage wäre hierbei allerdings, ob wir sie nun als „Dümmerwessis“ oder als „Jammerwessis“ bezeichnen.)
An alle „Besserossis“ also!
Ich, 1954 geboren und in einer nicht immer einfachen, aber doch größtenteils funktionierenden Demokratie aufgewachsen, VERBITTE es mir hiermit ausdrücklich, ausgerechnet von euch über Demokratie belehrt zu werden!
Ihr meint, es gäbe keine Demokratie, weil ihr glaubt, nicht alles sagen zu dürfen, euch „die Politik“ nicht gefällt. Eine Politik, von der ihr meint, dass sie auch noch zu wenig für euch tut, und vieles mehr. Und vor allem passen euch Fremde nicht! Ihr wart schon in der DDR allem Fremden gegenüber misstrauisch; sie könnten euch ja etwas wegnehmen oder mehr bekommen als ihr. Ihr pöbelt gegen alles und jedes, das nicht eurer Meinung ist. Und als Gipfel höre oder lese ich von euch immer wieder, dass ihr euch als Bürgerinnen und Bürger eines Staates, der Misstrauen sozusagen säte, für die „wacheren“ Deutschen und damit die Einzigen haltet, die wüssten, was Demokratie ist.
Parteien wählen, die die Demokratie abschaffen wollen?
Und zu allem Überdruss wählt ihr dann auch noch Parteien, die die Demokratie abschaffen und durch einen autoritären Staat ersetzen wollen? Der mehr eurer DDR oder der Nazi-Diktatur ähnelt als einem demokratischen Staat? Kritisieren, dass es hier keine Demokratie gibt, und solche Parteien wählen? Und das nur, weil ihr der Ansicht seid, dass Zuwanderung das Hauptproblem ist?
Pardon, aber wie widersprüchlich und dumm kann man eigentlich sein? (Nebenbei bemerkt, glaubt ihr wirklich, dass, wenn euer Hauptproblem irgendwie gelöst sein wird, danach mangelnde Bildung, Wohnungsnot, schlechte Straßen und Brücken, Armut und vieles weitere von allein gelöst sein werden?)
Für wen oder was haltet ihr euch überhaupt?
Doch spätestens hier darf, nein: muss, die Frage erlaubt sein: Für wen oder was haltet ihr euch überhaupt?
Was Demokratie nicht ist
Ich sage euch nun einmal, was Demokratie nicht ist:
- Wenn ihr in der DDR nur sehr vorsichtig und „hinter vorgehaltener Hand“ eure Meinung äußern durftet, heißt das nicht, dass dies heutzutage auch hier gilt. Euren ganzen geistigen Dünnsch… müssen viele viel zu häufig lesen, ohne dass eine Art Stasi vor eurer Tür steht! Nazi- und DDR-Vergleiche verbieten sich hier also schon von vornherein!
- Meinungsfreiheit heißt zwar, jeden geistigen Dünnsch… verbreiten zu dürfen, aber beispielsweise nicht, andere zu beleidigen, Ihnen Gewalt anzudrohen, die Nazidiktatur oder den Massenmord an den Juden und an vielen anderen Menschen zu leugnen oder zu verharmlosen!
- Das Recht auf Meinungsfreiheit haben allerdings auch andere. Das heißt für euch, dass es kein Recht darauf gibt, dass euer geistiger Dünnsch… unwidersprochen bleiben muss!
- Demokratie und Meinungsfreiheit beinhalteten also auch nicht, Politiker/-innen, Wahlhelfer/-innen und Menschen an Informationsständen von Parteien, die euch nicht gefallen, zu bedrohen oder gar körperlich anzugreifen!
- Aus eurer DDR-Vollkasko-Mentalität heraus, in der sich der Staat um vieles kümmerte, glaubt ihr nun, vom „Staat“ und „der Politik“ jetzt auch alles verlangen zu dürfen. Dies findet jedoch seine Grenzen spätestens dort, wo eure Forderungen andere beeinträchtigen. Es dreht sich also nicht immer alles um euch; kann es auch gar nicht!
- „Der Staat“ und „die Politik“ müssen euch also auch keine Buslinien in eure aussterbenden Dörfer einrichten, die ohnehin kaum jemand nutzen würde. Zumal eure Dörfer auch deswegen aussterben, weil ihr keine Fremden wollt!
- Wenn eine Partei bei Wahlen die stärkste Kraft wird, heißt das noch lange nicht, dass diese auch regieren muss. Vor allem dann nicht, wenn sie keine absolute Mehrheit hat! Und auch dann nicht, wenn sich diese Partei „Alternative für Deutschland“ nennt.
- Demokratie ist also auch nicht, dauernd von sich selbst als „das Volk“ oder „die Mehrheit der Bevölkerung“ zu sprechen. Vor allem dann nicht, wenn ihr in Wirklichkeit nur eine Minderheit seid!
Demokratie ist selten einfach!
Ich schrieb eingangs: „in einer nicht immer einfachen, aber doch größtenteils funktionierenden Demokratie aufgewachsen”. Demokratie ist selten einfach. Sie bedeutet nämlich u. a. auch, um gemeinsame Entscheidungen ringen zu müssen. Was auch bedeutet, dass Argumente ausgetauscht werden. Argumente, nicht Beleidigungen, und schon gar keine Morddrohungen!
Noch viel Weiterbildung nötig!
Ich habe mein Wissen darüber, was Demokratie bedeutet, auch nicht mit der Muttermilch aufgesogen. Es begann in der Schule mit Sozialkunde, später mit Gesellschaftskunde. Während meiner Ausbildung kamen etwa kostenlose gewerkschaftliche Fortbildungsangebote hinzu. All dies bedeutete schon einmal ein fundiertes Grundwissen. Doch all dies fehlt euch.
Besucht erst einmal entsprechende Kurse! Verarbeitet psychologisch, in einem Staat gelebt zu haben, den es nicht mehr gibt, und führt rückwirkend sowohl eure Entnazifizierung als auch die Entglorifizierung eurer DDR durch! Falls ihr dazu nicht bereit seid, wundert euch „Jammerossis“ auch gefälligst nicht, weil euch „Besserossis” angeblich niemand versteht.
Für euren Rassismus und euren Fremdenhass weltbekannt
Was den tief liegenden Fremdenhass in und bei euch anbelangt, den es schon sehr lange gibt: Nicht jede(r) will euch etwas wegnehmen, im Gegenteil! Wo ist eure angebliche Solidarität geblieben, oder war die genauso vorgegeben wie die staatlich verordnete Internationalität?
Für euren Rassismus und euren Fremdenhass seid übrigens in der ganzen Welt bekannt. Zumindest dort, wo Menschen leben, die einmal in der DDR gelebt haben. Freunde und ich sind auf unseren Reisen beispielsweise nach Kuba, Algerien, Libyen, Angola, Mosambik oder in die Mongolei immer wieder Menschen begegnet, die sich als Vertragsarbeitende, Studierende oder Auszubildende zeitweilig in der DDR aufhielten und bis heute kein gutes Wort für euch übrig haben!
Schämt euch, „Besserossis“, und unterlasst es!
Ihr „Besserossis“ solltet euch eigentlich schämen, bevor ihr anderen hochmütig Demokratie erklären wollt!
Aber versteht ihr nun wenigstens, warum sich immer mehr Menschen eure permanente Bevormundung verbitten? Lasst es also endlich!
Siehe auch:
- Wikipedia: Ossi und Wessi
- und hier „Offener Brief an die AfD-Anhänger“ sowie zu vielen eurer Kommentare Beiträge unter dem Schlagwort-Archiv: dummheit!)
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