Wohin Morddrohungen führen können, ließ sich am Beispiel der Ermordung des hessischen Politikers Walter Lübcke mit Schrecken verfolgen. Dass auf gewissen Netz­werken Tötungs­aufrufe inzwischen täglich erscheinen, sollte Grund zu tiefster Besorgnis sein. Doch selbst in eigentlich seriösen Netzwerken wie dem beruflichen XING schreitet die Verrohung der Sprache voran. Ein Nutzer fordert: Geisteskranke erlösen!

Angesichts eines dort verlinkten Beitrags des Magazins „Focus“ vom 2. Januar 2022 über den Weltärzte­präsident und früheren Vorstand der Bundes­ärztekammer Frank Ulrich Montgomery, der sich abfällig über deutsche Richter geäußert hatte („kleine Richterlein“), weil sie verschiedene Corona-Maßnahmen gekippt hatten, und der dadurch in die Kritik geraten war, fiel einem XING-Nutzer nichts Geistreicheres ein, als Folgendes in seine Tastatur zu tippen:

Aus dem Bild heraus transkribiert:

Der Typ scheint eindeutig Geisteskrank [sic!] zu sein. Bitte erlöst ihn von seinem Leid. 🤪

Menschen, mit deren Meinung man nicht übereinstimmt, als „geisteskrank“ zu bezeichnen, hat Tradition. Auch eine traurige, nämlich als die Nazis Geisteskranke erlösen wollten. Nämlich durch den Tod!

Wir sehen und lesen: Nicht nur die Verrohung der Sprache schreitet stetig voran, sondern auch die Verdummung und die Bildungslosigkeit des „Volkes“.

(Übrigens fand die Moderation des Netzwerks XING den Kommentar nach meiner Meldung wegen Hassrede und Aufruf zur Gewalt nicht anstößig: „Danke für Deine Geduld. Wir haben uns Deinen Hinweis angeschaut. Hier das Ergebnis unserer Prüfung: Das was Du gemeldet hast, ist unserer Einschätzung nach nicht strafrechtswidrig und erscheint daher weiterhin auf XING.“)

Siehe auch:

• tagesschau.de: „‚Querdenker‘-Szene: Täglich Tötungsaufrufe auf Telegram“ vom 5. Januar 2022
• und hier „Spaltung der Gesellschaft?“, „Hass und Hetze im Internet“ und „„Ein Mord alle zwei, drei Jahre …”!