Mein Stadtteil: das Frankfurter Nordend
Lage und Geschichte
Das Frankfurter Nordend grenzt an die Innenstadt und an den Anlagenring; Grenze zum Westend ist die Eschersheimer Landstraße (Fassaden, Bild: Michael König, GNU-Lizenz für freie Dokumentation), zum Ostend der Sandweg. Nördlich grenzt das Viertel an den Dornbusch und an den Alleenring. Schon vor der Gründung Frankfurts war das Nordend besiedelt. In der Nähe des heutigen Günthersburgparks stand eine römische Villa, die von der römischen Stadt Nida (heute Frankfurt-Heddernheim) verwaltet wurde. Im Mittelalter entstanden einige königliche Fronhöfe, die im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit in Patrizierbesitz übergingen. Ab dem späten 19. Jahrhundert, der Gründerzeit, wurde die Fläche westlich von Bornheim zum Wohngebiet ausgebaut und erhielt seinen heutigen Namen.
Bekannte Bauwerke
Eines der bekanntesten Bauwerke des Nordends ist das Funkhaus des Hessischen Rundfunks an der Bertramstraße. Der Große Sendesaal war ursprünglich als Plenarsaal des Deutschen Bundestages geplant, doch die Geschichte verlief anders und Frankfurt unterlag Bonn in der Hauptstadtfrage knapp. An der Kreuzung Adickesallee und Eckenheimer Landstraße befindet sich sie Deutsche Bibliothek, neben Leipzig ein Standort der Deutschen Nationalbibliothek, die nach dem Zweiten Weltkrieg zur Bewahrung deutschen Schriftguts gegründet wurde. Exponiertestes Gebäude des Stadtteils ist das ehemalige Shell-Hochhaus am Nibelungenplatz. 1966 errichtet, war es mit 110 Metern das höchste Gebäude der Stadt und ganz im Zeichen der Zeit mit einem Atomschutzbunker im Keller ausgestattet. 1993 wurde es umfassend renoviert und in „Büro Center Nibelungenplatz“ (BCN) umbenannt. Es erhielt eine blaue Glasfassade und einen Panoramaaufzug, der durch ein Video der Band Soulsister und die Fernsehserie „Ein Fall für zwei“ internationale Aufmerksamkeit erhielt.Der Glauburgbunker, ein während des Zweiten Weltkriegs gebauter imposanter Zivilschutzbunker (einer von insgesamt drei im Frankfurter Nordend), beherbergt heute die Wissenschaftsausstellung und Erlebnismuseum EXPLORA sowie eine Bar, in der die beeindruckende Stärke der Wände zu erkennen ist. (Nachtrag vom Januar 2022: Inzwischen wird der Glauburgbunker abgerissen, um einem Wohn- und Geschäftsgebäude zu weichen.)
Parks im Frankfurter Nordend
Zur Entspannung kann man seine Seele in einem der drei Parks des Nordends baumeln lassen. Der kleinste davon ist der Holzhausenpark mit dem Holzhausen-Schlösschen. Das Wasserschloss inmitten eines kleinen Weihers ist seit der Renaissance ein Ort der Kunst und Kultur und ein architektonisches Kleinod.
Garten des himmlischen Friedens (Chinesischer Garten) im Bethmannpark (Dontworry/ Wikimedia Commons)
Der größte Park ist der Günthersburgpark im Nordosten. Er wurde vor wenigen Jahren nach Norden erweitert und gliedert sich nun in den alten südlichen Teil mit imposantem Baumwuchs und mannigfaltigen Spielgelegenheiten. Im Sommer können Kinder nach Herzenslust in den Wasserspielen planschen, währenddessen sich die Eltern in der kleinen Gartenkneipe gemütlich einen „Äppelwoi“ oder „Ebbelwoi“ (Apfelwein) zu Gemüte führen können. Der neue nördliche Teil zeichnet sich durch eine großräumige, lichte Liege- und Spielwiese aus, wo auch die Kulturveranstaltungen des Stalburgtheaters „Stalburg offen Luft“ („Stoffel“) stattfinden.
Die grüne Lunge des Nordends ist der Hauptfriedhof, in dem ich mich seit meiner Kindheit und Jugend gerne aufhalte, und der in verschiedene Bereiche aufgeteilt ist. Hier finden sich u. a. die Gräber von Dr. Heinrich Hoffmann, dem Schöpfer des weltberühmten Kinderbuches „Struwwelpeter“, und von Pauline Schmidt, die ihm zum Vorbild für „Die traurige Geschichte von Paulinchen mit den Streichhölzern“ diente, die der Philosophen Arthur Schopenhauer und dem der Frankfurter Schule Theodor W. Adorno, des Lokalpoeten Friedrich Stoltze und der Mundartschauspielerin Liesel Christ, des Jazzmusikers Albert Mangelsdorff und den Mitbegründern der „Neuen Frankfurter Schule“, den Autoren, Zeichnern und Satirikern F. K. Waechter und Robert Gernhardt. Auch meine Eltern liegen hier, mein Bruder und ich werden es einst vermutlich ebenso …Kultur und Einkaufen
Der typische Nordendler ist eher im linksliberalen Spektrum anzusiedeln. Familien mit Kindern, Intellektuelle, Künstler, Lehrer und (ehemalige) WG-Bewohner verleihen dem Frankfurter Nordend seine Lebendigkeit. So finden sich hier Öko- und Weinlädchen, Szene-Kneipen und gemütliche Restaurants, wie z. B. das „Größenwahn“ oder das „Strandcafé“, lokale Institutionen, in denen sich einst Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit ein Stelldichein gaben.
Im Frankfurter Nordend lässt es sich auch hervorragend einkaufen. Hier ist vor allem die Berger Straße, aber auch die Glauburgstraße und der Oeder Weg zu nennen, wo Öko-Supermarkt und Reformhaus, Billig-Discounter und Tante-Emma-Lädchen, Fachgeschäfte und Handwerksbetriebe ihren Platz haben. Besonders im Oeder Weg bei mir um die Ecke, der seinen Namen nach „die Oed“ hat, wie das Gelände zwischen Eschenheimer Tor und Holzhausen-Schlösschen früher genannt wurde, weil es als unfruchtbar galt, ist jedoch zu beobachten, dass viele alteingesessene Geschäfte die steigenden Mieten nicht mehr bezahlen können und von kettenähnlichen Läden verdrängt werden. Und wie wäre es damit, den Rundgang mit einem Besuch im Kleinkunsttheater und typischen Apfelweinlokal „Stalburg“ oder einer der vielen anderen Kneipen ausklingen zu lassen?Weitere Verweise
Und wer mehr über das Frankfurter Nordend wissen und/oder sich mehr Bilder anschauen möchte:
Nordend-Chronik * Die Geschichte des Frankfurter Nordends
Frankfurter Stadtteile – Nordend
Wikipedia-Artikel Frankfurt-Nordend
Das liest sich sehr schön und vermittelt einen ganz anderen Eindruck, den man sonst von Frankfurt hat.
Ich wäre froh, wenn meine Stadt (ca. 78.000 EW) nur halb so viel zu bieten hätte…
schöne Einblicke – schönes Frankfurt, aber das mußt du mir nicht erklären – fühl mich östlich auch sehr wohl.
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