Fenster putzen
Fenster putzen: kaum eine so ungeliebte Tätigkeit im Haushalt! Dabei ist der Erfolg doch sofort sichtbar, mit welchen Mitteln auch immer man an diese Aufgabe herangeht. „Zäzilie“ bei Christian Morgenstern hat es vorgemacht.
Es gibt kaum eine Tätigkeit beim Wohnungs- oder Hausputz, bei der das Ergebnis so unmittelbar sichtbar ist, wie beim Fenster-Putzen. Wahrscheinlich liegt das daran, dass diese Tätigkeit meist so lange aufgeschoben wird, bis kein Weg mehr daran vorbeiführt, sofern man keine Putzfrau oder Ähnliches beschäftigt oder verheiratet ist (was oft auf dasselbe hinausläuft).
Ich erinnere mich an eine Radiowerbung für die Gelben Seiten („… machen das Leben leichter!“), in der ein Mann wie ein Blinder durch eine Wohnung tappt und dabei allerlei Zeugs umstößt, während man von draußen ein paar Jungs beim Fußballspielen hört. Als der Ball ein Fenster dieser Wohnung zerschlägt, stellt der Mann verwundert fest: „Ich kann wieder sehen!“
Sogar in einem Gedicht Christian Morgensterns kommt diese Tätigkeit vor. In „Zäzilie“ soll ebendiese in ihrer Eigenschaft als Dienstmädchen die Fenster putzen, „sich selbst zum Gram, jedoch dem Haus zum Nutzen“, und zwar so, dass man nicht erkennen kann, „ob dieser Fenster Glas Glas oder bloße Luft ist“. Als sie feststellt, dass „Ähnlichkeit mit Luft“ nicht zu schaffen ist, „ermannt sie sich mit einem Schrei — und schlägt die Fenster allesamt entzwei! Dann säubert sie den Rahmen von den Resten, und ohne Zweifel ist es so am besten.“
Ach ja: Habe ich übrigens schon erwähnt, dass ich es heute auch wieder einmal geschafft habe, meine Fenster zu putzen? Diese Klarheit ist schon unglaublich …
Verweis zum Thema:
„Zäzilie“ von Christian Morgenstern bei Projekt Gutenberg-DE; allerdings unterscheidet sich hier die Zeichensetzung, insbesondere die Verwendung der Zeichen für die wörtliche Rede, von der mir vorliegenden Version aus „Palmström“ des Verlags von Bruno Cassirer, Berlin 1917, zudem ist im obigen Verweis nur Teil II wiedergegeben — es fehlt Teil I mit der Vorstellung von Zäzilie — und sie heißt tatsächlich so und nicht „Zäzille“!
In der Tat – diese Klarheit habe ich nun auch wieder mal erlebt nachdem ich mich über das neblige Dauerwetter gewundert hatte 😉
Pingback:Das Butterbrotpapier – Ronalds Notizen
Pingback:Wäsche vor dem Fenster – Ronalds Notizen
Pingback:Im Reich der Interpunktionen – Ronalds Notizen