Kuscheljacke
So, jetzt gibt es sie tatsächlich: die Kuscheljacke! Nein, damit ist nicht die Lieblingsjacke gemeint, in die man sich abends vor dem Fernseher einkuschelt. Nein, Kuscheln per Knopfdruck in der Hightech-Jacke sozusagen. Geeignet auch für Therapiezwecke!
Nun gibt es sie tatsächlich: die Kuscheljacke! Damit ist nicht die Lieblingsjacke gemeint, in die man sich abends vor dem Fernseher einkuschelt, nachdem man sich aus den Arbeitsklamotten befreit hat. Auch nicht die des Freundes oder der Freundin, die man gern anzieht. Laut einer Meldung der Frankfurter Rundschau (FR) vom 8. März 2013 präsentiert eine Firma aus Singapur auf der CeBIT eine Jacke, „die das Gefühl, umarmt, gedrückt oder massiert zu werden, imitiert“, während mittels Computer oder Mobiltelefon-Applikation „in die Jacke eingearbeitete Luftpolster wahlweise aufgeblasen“ werden. Kuscheln mittels Hightech! Schade, dass im Artikel kein Bild zu sehen ist. Aber das Beste: „Außer als Kuschelersatz soll die Jacke auch zu Therapiezwecken geeignet sein.“ (Hier die Meldung der FR in der vom Internet Archive gespeicherten Version vom 19. Mai 2013.)
Nun, man weiß ja, dass Kuscheln, Küssen und (jawohl!) auch Sex lebensverlängernde, gesundheitliche und andere therapeutische Wirkungen haben. Aber eine hoch technisierte Kuscheljacke? Was, wenn man gerade keinen Rechner oder kein Mobiltelefon zur Hand hat? (Wobei Letzteres allerdings wesentlich seltener vorkommen dürfte, denn manche Leute sollen damit sogar ins Bett gehen!) Und wenn es mal zu einem Kurzschluss, einem Stromausfall (Akku nicht geladen!) oder Absturz des Rechners kommt und man steckt gerade in der Jacke? Wird die Kuschel- dann zur Zwangsjacke?
Dass das Kuscheln in der Jacke einer Freundin etwas sehr Angenehmes ist, weiß der Autor. Nicht nur dann, wenn die Freundin dabei ist. Und zur Not tut es auch mal die Jacke, wenn die Freundin nicht anwesend ist. Das ist ja auch ein Sinn einer Kuscheljacke! Schlimm wird es jedoch erst dann, wenn weder Freundin noch Jacke vorhanden sind, wie zurzeit und schon länger beim Autor der Fall. Daher seine abschließende Bitte: Liebe Leserinnen, schickt mir eure Jacken oder Mäntel! Über besondere Vorlieben des Autors hinsichtlich Größe, Material usw. gibt er gern Auskunft.
Über einen ganz normalen, aber dann gern tröstlichen Kommentar freut er sich aber auch. Alles zu therapeutischen Zwecken selbstverständlich!
Als ich den Beitrag zuerst las, bzw. irgendwann von so einer Kuschel- bzw. Knuddeljacke auch schon woanders gehört habe, war ich hin- und hergerissen, was ich dazu für eine Meinung bilden soll.
Ich finde es erschreckend, dass es (immer mehr) Menschen gibt, deren minimale Bedürfnisse an zwischenmenschlichem Verhalten nicht erfüllt werden. Wir haben immer mehr Singles, werden immer älter, müssen im Berufsleben immer flexibler sein – örtlich oder zeitlich -, was Trennungen von Partnern und Kindern bedeutet (Eltern haben kaum noch Zeit für ihre Kinder und für sich als Paar). Und in Deutschland und der westlichen Welt ist man auch noch körperlich distanzierter als in südlichen Ländern.
Vor rund 25 Jahren habe ich in einem Buch über Körperkontakte im Zusammenhang mit Babymassagen (Leboyer?) gelesen, dass Berührungen, Massagen sogar den Tod verhindern können. Ich erinnere mich an ein Fallbeispiel, bei dem einer Frau gesagt wurde, dass ihr nächster Asthmaanfall tödlich enden würde. Sie hatte zuvor immer wieder schwerste Anfälle gehabt und die (üblichen) Behandlungsmöglichkeiten waren ausgeschöpft. Mit gezielten Massagen eines qualifizierten Masseurs wurde dieses Schicksal dann aber abgewendet. In dem Buch, dessen Titel ich nicht mehr weiß, wurden viele Beispiele genannt, aus denen die große Bedeutung von Berührung und Hautkontakten hervorging.
Massagen gibt es heute für „normale“ Kassenpatienten nicht mehr. Und in Zeiten von Billigjobs können sich zu viele Menschen diese nicht selbst finanzieren – eine Kuscheljacke aber auch (noch) nicht.
Erst vor kurzem hatte ich wieder von der hierzulande zunehmenden Zahl von Kaiserschnitten gehört, inzwischen werden hierzulande (!) fast ein Drittel der Kinder so geboren. Der taktile Reiz, auch wenn unangenehm, hat aber offenbar eine große Bedeutung, denn Kaiserschnittkinder haben auffällig mehr Krankheiten…. Aber Kaiserschnitte lassen sich natürlich besser im Krankenhausalltag einplanen und welche Mutter kann schon sicher sein, dass ihre Entscheidung gegen die Meinung des Arztes wirklich nicht dem Kind schadet….
Ich habe nun noch mal nach „taktile Kontakte -Baby“ im Internet gesucht und folgende Seite gefunden http://www.karteikarte.com/card/92276/taktile-kommunikation-kommunikation-ueber-den-tastsinn Die virtuelle Karteikarte ist zwar optisch nicht gut aufbereitet, aber vielleicht interessant.
In einer Zeit, wo Freundschaften oft nur noch virtuell bestehen, muss mensch aufpassen, dass er seinen zweitältesten Sinn regelmäßig „trainiert“ und immer jemanden oder NOTFALLS etwas findet, der, die oder das seine taktilen Bedürfnisse befriedigt. Viel Erfolg!
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