Was Sie schon immer (nicht) wissen wollten (23)
Hitler und die Autobahnen
Selbst Menschen, die der Nazi-Diktatur und der Person Hitler kritisch gegenüberstehen, behaupten häufig, dass nicht alles schlecht in dieser Zeit gewesen sei. So habe Hitler die Autobahnen erfunden und gebaut. Doch stimmt das überhaupt? Ja und nein. Hitler und die Autobahnen: Wir klären auf. [Anlässlich 100 Jahre Autobahnen in Deutschland am 18. und 21. September 2024 aktualisiert!]
Hitler und die Autobahnen. Ein Thema, das bis heute noch Menschen als Beispiel dafür vortragen, dass „unter Hitler nicht alles schlecht gewesen“ sei. Wahlweise wird der Diktator als Erfinder der Autobahnen gefeiert und/oder als derjenige, der sie gebaut hatte. Doch stimmt das überhaupt?
Hitler als Erfinder der Autobahnen?

Saalebrücke der Reichsautobahn Berlin–München bei Hirschberg (Bundesarchiv, Bild 146-1979-096-13A/ Unbekannt/ CC-BY-SA 3.0)

Der Große Preis von Deutschland 1926 auf der AVUS (Bundesarchiv, Bild 102-02915 / Georg Pahl / CC-BY-SA 3.0)
Mit weiteren Autobahnen war bereits vor 1933 begonnen worden. So etwa mit dem Teilabschnitt der heutigen A 3 bei Opladen (1931).
Autobahnen außerhalb Deutschlands
Auch außerhalb Deutschlands gab es bereits vor 1933 Autobahn-ähnliche, kreuzungsfreie Straßen. Als erste für alle zugängliche Autostraße Italiens und der Welt gilt die Autostrada dei Laghi. Das erste Teilstück zwischen Mailand und Varese wurde 1924 privat von Piero Puricelli errichtet. In den USA gilt der Long Island Motor Parkway (LIMP), auch bekannt als Vanderbilt Parkway, bereits ab 1908 als private Straßenverbindung im Staate New York errichtet, als ein Vorläufer der Autobahnen. Er war als Mautstraße dem Automobilverkehr vorbehalten und diente auch als Rennstrecke.
Die Behauptung, dass Hitler die Autobahnen erfunden habe, ist also schon einmal eindeutig falsch!
Hitler als Erbauer der Autobahnen?

Hitler beim ersten Spatenstich zur Reichsautobahn der Strecke Frankfurt/Main–Darmstadt–Mannheim am 23. September 1933 (Bundesarchiv, Bild 183-R27373/ Scherl Bilderdienst/ CC-BY-SA 3.0)
Am 23. September 1933 und damit wenige Tage vor der Eröffnung eines Teilabschnittes der heutigen A 3 bei Opladen (siehe den vorigen Abschnitt) wurde im Nationalsozialismus mit dem Ausbau der Reichsautobahnen begonnen. Dies geschah unter besonderer Herausstellung durch Propaganda. Der Bau der Autobahnen diente ihnen als Maßnahme gegen die seit der Weltwirtschaftskrise 1930/31 herrschende Massenarbeitslosigkeit.
Die Frage, ob Hitler als Erbauer der Autobahnen gilt, lässt sich also nicht eindeutig beantworten. Richtig ist lediglich, dass er den Bau wesentlich forcierte. Zudem gab es von vornherein strategische Gründe!
Fazit

Wohnraum in einem Lager des Reichsarbeitsdienstes (RAD), Reichsautobahnen, Oberste Bauleitung Nürnberg, etwa 1934 (Bundesarchiv, Bild 146-1984-075-22/ Körner-Schleiz/ CC-BY-SA 3.0)
Falls Sie also wieder einmal hören oder lesen, dass Hitler die Autobahnen erfunden oder gebaut habe, können Sie nun entsprechend kontern!
Siehe bzw. höre auch
- WDR 5: Zeitzeichen: 21.03.1934 – Erster Spatenstich für den Bau der A1 (Audio, 14 Minuten, 57 Sekunden)
- Was Sie schon immer (nicht) wissen wollten (19): Völkisch: über dessen Herkunft und Bedeutung
- Das siebte Flugblatt
- Anlässlich 100 Jahre Autobahnen in Deutschland aktualisiert: SWR Kultur: „Mythos und Mobilität – 100 Jahre Autobahn“ vom 17. September 2024 (Audio, 44 Minuten, 27 Sekunden)
- Anlässlich 100 Jahre Autobahnen in Deutschland aktualisiert: WDR 5: „Die Geschichte der Autobahn“ vom 20. September 2024 (Audio, 23 Minuten, 21 Sekunden)
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