„Über 50 Jahre Computer-Praxis“
In den Kleinanzeigen einer Frankfurter Tageszeitung stieß ich kürzlich auf ein Angebot, mit dem ein „PC-Senior […] mit viel Geduld“ Hilfe für „Senioren beim sinnvollen Gebrauch von PC, Laptop, Tablet-PC, Smartphone“ anbietet. Dabei beruft er sich auf „über 50 Jahre Computer-Praxis“! (Die fette Auszeichnung wollte er für seine Annonce, ich hätte sie hier aber auch angewendet.)
Über 50 Jahre Computer-Praxis? Das wäre eine Erfahrung, die mindestens bis ins Jahr 1970 zurückreicht! Die Frage ist: An und mit welchen Computern will er denn damals schon gearbeitet haben? Noch an einem ZUSE? Oder mit einem der späteren „Rechner“, die damals tatsächlich noch mehr Rechner als Computer waren?
Nun, wir wissen es nicht. Wir könnten es herausfinden, indem wir ihn anfragen. Doch warum sollte ich, schließlich verfüge ich selbst über ausreichend Erfahrung mit Computern und verschiedensten Programmen, wenngleich auch keine „über 50 Jahre Computer-Praxis“. 1970 hatte ich noch keine Ahnung, dass es so etwas überhaupt (schon) gibt!Gern jedoch stehe ich Ihnen auch zur Verfügung. Fragen kostet ja nichts. Zumindest so lange es nur bei der Frage bleibt, ob ich bei einem bestimmten Problem helfen kann. Nur bei diesen neumodischen mobilen Kommunikations- und Multimedia-Geräten, genannt Smartphone, muss ich passen. Kontakt über einen Kommentar unten!
Fies ist allerdings, dass die Überschrift so auch als Lockung aufgefasst werden kann. Aber schließlich will man ja nur helfen …
(Siehe auch Wikipedia: „Geschichte des Computers“ und hier beispielsweise „Über den Unterschied zwischen Internet und WWW“ und „Ich bin drin!“!)
Oh, na, das kann schon sein. Vielleicht hat der als junger Bursche im universitären Bereich gearbeitet oder so. Einen Unix-Vorgänger gab es schon 1965, und Unix unter eben diesem Namen existiert seit 1970. Freilich gab es in jener Zeit noch keine Personal Computers.
Ich habe vor vielen Jahren, es muss wohl so Anfang oder Mitte der 2000er Jahre gewesen sein, einem Rentner in der Nachbarstadt Wuppertal einen gebrauchten Pentium-III-Prozessor (Sockel 370, 700 oder 800 MHz) abgekauft – da gab es schon Pentium 4, aber die waren mir zu teuer und ich hätte dann auch ein neues Motherboard gebraucht.
Das war total interessant, denn der Herr hatte einen ganzen Souterrain-Raum voller Computer-Hardware und erzählte mir, er hätte früher jahrelang bei IBM gearbeitet. Ein alter Hase also. Einen Menschen im Rentenalter, der sich mit Computern auskennt, hatte ich bis dahin noch nie kennengelernt, und so fand ich das absolut faszinierend.
Tja, es wird Zeit mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass Rentner von Computern, Internet „und dem ganzen Zeugs“ keine Ahnung haben! Sieht man auch an mir. 😉
Also ich habe 1979 in der Datenverarbeitung angefangen und da existierte mein Datenverarbeitungsbetrieb bereits ca. fünf Jahre. Damals hatte sich die Datenzentrale beim Sparkassenrechenzentrum eingemietet. Dieses existierte bereits davor einige Jahre. Wenig später, also noch vor 1979, wurde das Sparkassen-Rechenzentrum zentralisiert und die gesamte Räumlichkeit von meinem Arbeitgeber übernommen.
Wenn ich damals irgend jemandem sagte, dass ich in der EDV arbeite, wusste praktisch niemand, was das ist und was man sich darunter vorstellen muss.
Wie man an diesen Ausführungen bemerkt, handelte es sich um kaufmännische Anwendungen im weiteren Sinne. Demzufolge waren die damals üblichen Programmiersprachen anfänglich Assembler (eine maschinennahe Programmiersprache) und etwas später Cobol, das etwas „anwenderfreundlicher“ war. Damals gab es Großrechner von IBM und Siemens, die untereinander, soweit ich informiert bin, inkompatibel waren.
Ganz am Anfang hatte der Großrechner kein Megabyte CPU (64 k?). Ich erinnere nicht mehr genau, was mein damaliger Chef über den ersten Rechner sagte. Ich erinnere mich nur daran, dass ich mal einen Organizer geschenkt bekommen hatte (in den achtziger Jahren was ganz Tolles und Neumodisches) und mein Chef daraufhin sagte, dass dieser genauso viel Hauptspeicher hat wie der seinerzeitige Großrechner. Die damals notwendige platzsparende Programmierung führte dann auch später zu den befürchteten Problemen beim Jahrtausendwechsel, den wir aber mit Nachfolgeprogrammen/ Verfahren bewältigt haben, wobei trotzdem ein Riesenaufwand entstanden ist, weil die platzsparende Denkweise in vielen Programmen vorhanden war und alles gecheckt und gegebenenfalls umprogrammiert und getestet werden musste.
Äußerlich hat sich sehr vieles geändert. Wir haben andere Programmiersprachen (statt Assembler z.B. C), wir haben ganz andere Kapazitäten, aber die damaligen Programmierer waren durchaus Meister ihres Faches, denn sie haben mit verhältnismäßig schlechtem Werkzeug und wenig Möglichkeiten riesige EDV-Verfahren geschaffen. Nach den Großrechneranwendungen folgten Verfahren auf Basis der mittleren Datentechnik (z.B. Unix-Verfahren bei uns). Unix wurde bereits in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts beispielsweise von British Airways verwendet. Die auf diesem Betriebssystem basieren den Programme waren natürlich neu geschrieben und wesentlich moderner.
Beeindruckend; da sage noch mal jemand, dass Rentner/-innen keine Ahnung von Computern haben (können)! 😉
Die jetzigen Rentnerjahrgänge haben alle in ihrem Leben mehr oder weniger mit Computern zu tun gehabt. Mein ehemaliger Chef (84), der intensiv (am Großrechner) programmiert hat, hat natürlich heute auch einen PC. Das Grundverständnis bleibt. Ein relativ junger Bekannter (69), der krankheitsbedingt bereits im Pflegeheim lebt, musste dort erst einen WLAN-Anschluss durchsetzen. Internet ist gerade auch für alte und gehbehinderte Leute die Verbindung zur Außenwelt.
Auch oft für blinde und sehbehinderte Menschen: „„Grundlagen für barrierefreie Webseiten“ auf meiner beruflichen Website!