Die Pose als Coup
Wir haben uns hier bereits mit der (Un)kultur der Selfies beschäftigt. Während es dort hauptsächlich um deren Tödlichkeit ging, beleuchtet ein Beitrag in der Süddeutschen Zeitung die Pose als Coup.
Angesichts der kürzlichen makaberen Erstürmung des Kapitols in Washington, dem Sitz des Kongresses und der Legislative der Vereinigten Staaten von Amerika, in dem die Sitzungen des Senats und des Repräsentantenhauses stattfinden, weist Autor Michael Moorstedt darauf hin, dass der „vermeintliche Staatsstreich […] auch und vielleicht vor allem zur Bilderproduktion“ diente. Die Posen, im WWW schnell und live verbreitet, scheinen fast wichtiger als der mögliche Staatsstreich gewesen zu sein.Wo früher bei einem Putsch die neuen Flaggen des Umsturzes gehisst wurden, setzten sich die Trump-Anhänger vor den Kameras ihrer Smartphones in Szene und schossen Selfies.
Das kennen wir doch auch von der Erstürmung der Stufen des Reichstags in Berlin während einer dieser unsäglichen „Querdenken“-Demonstrationen. Hier war der Mob zu überrascht und zu überwältigt von seinem eigenen Vorwärtskommen – und zu beschäftigt mit dem Anfertigen von Selfies –, um ernsthaft Schaden anzurichten. Die Pose ersetzt den eigentlichen Coup, ein Selbstporträt im WWW ist wichtiger als das eigentliche Anliegen. Der mögliche künstlerische Aspekt der Bilder, den wir früher schon anzweifelten, ist nun völlig weggefallen.
Der Beitrag: SZ.de: „Die Pose ist der Coup“ vom 11. Januar 2021.
(Siehe hier auch „Trump gewinnt, du Pfeife!“)
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