Zwielicht
Von Joseph von Eichendorff
Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken zieh’n wie schwere Träume –
Was will dieses Grau’n bedeuten?Hast ein Reh du, lieb vor andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger zieh’n im Wald’ und blasen,
Stimmen hin und wider wandern.Hast du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug’ und Munde,
Sinnt er Krieg im tück’schen Frieden.Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neu geboren.
Manches bleibt in Nacht verloren –
Hüte dich, bleib’ wach und munter!
„Zwielicht“ von Joseph von Eichendorff, hier zitiert nach „Joseph Freiherrn von Eichendorff’s sämmtliche Werke. 1. Band. Biographische Einleitung und Gedichte“, Leipzig 1864, S. 237–238, aus dem Jahre 1811 findet sich im 17. Kapitel seines Romans „Ahnung und Gegenwart“, der 1812 vollendet und 1815 veröffentlicht wurde. Die Überschrift „Zwielicht“ fügte Eichendorff erst 1837 in seiner ersten Gedichtsammlung hinzu.
Robert Schumann vertonte das Gedicht als Teil seines Liederkreises op. 39, bestehend aus zwölf Vertonungen von Gedichten Joseph von Eichendorffs für Singstimme und Klavier, von 1840. Hier eine Aufnahme mit Hermann Prey: YouTube: Liederkreis, Op. 39: No. 10, Zwielicht, „Dämmrung will die Flügel spreiten“.
(Siehe hier auch „Der Pilger“, ein weiteres Gedicht von Eichendorff, und „Abendwolken“, ein eigenes Werk!)
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