Wortschönheiten in Grimms Wörterbuch
Die deutsche Sprache war früher poetischer. Davon zeugen nicht nur Wörter wie „Augenpferdchen“ und „Zungenhonig“. Sie stammen aus Grimms Wörterbuch. Zu diesem Resümee kommt auch die Autorin eines mehrteiligen Radiobeitrags über die Brüder Grimm ihr Deutsches Wörterbuch.
„Wortklaubereien in Grimms Wörterbuch“
Vor Kurzem saß ich an mehreren späten Abenden gebannt lauschend vor dem (Internet-)Radio. Die vierteilige Sendung „Wortklaubereien in Grimms Wörterbuch“ des SWR über das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm fesselte meine Aufmerksamkeit. In deren Ankündigung heißt es:
Marcel Reich-Ranicki nannte es „das allerwichtigste Buch in deutscher Sprache“: Grimms Wörterbuch. Dieses von den Brüdern Grimm 1818 begonnene, lebenslang in mühsamer Arbeit zusammengetragene und auch nach ihrem Tod fortgeführte Lexikon hält nicht bloß das Deutsch von vor 200 Jahren fest, es ist eine Wundertüte der Sprachpoesie und Sprachfantasie – mit wunderherrlichen und bildhaften Begriffen, die oft tatsächlich von Dichtern wie Jean Paul, Goethe oder Heine erdichtet wurden und heute längst versunken und vergessen sind: Ein Atlantis der Wörter, nach dem sich unbedingt zu tauchen lohnt!
Und tatsächlich begibt sich die Autorin Katharina Eickhoff auf Spurensuche in ebendieses Wörterbuch, um darin längst vergessene Wörter aufzuklauben und in der Sendung vorzustellen. Schließlich heißt die Sendung „Wortklaubereien in Grimms Wörterbuch“! Und diese reichen von „Augenpferdchen“ („ein fehler der augen, wenn sie immer blinzen und springen.) bis „Zungenhonig“ (nach Friedrich von Logau: „zungenhonig, hertzensgifften, / jenes auszen, dieses innen.“). Wahre Wortschönheiten!
Die Folgen
In der ersten Folge geht es um die Anfänge des Wörterbuchs und die Göttinger Sieben. Das war eine Gruppe von Göttinger Professoren, die 1837 gegen die Aufhebung der 1833 eingeführten liberalen Verfassung im Königreich Hannover durch Ernst August I. protestierten und deshalb entlassen wurden. Zu ihnen gehörten auch die Grimms. Im Mittelpunkt des zweiten Teils steht die Dichterin Bettina von Arnim und ihre Freundschaft mit den Brüdern Grimm. In der dritten Folge geht es um den deutschen Vormärz und um jene Worte, die es in das Deutsche Wörterbuch geschafft haben. Im letzten Teil schließlich spielen die Revolution von 1848 und die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche eine wichtige Rolle. In jeder Folge ist auch viel zeitgenössische Musik zu hören.
Von Augenpferdchen bis Zungenhonig
Das Deutsche Wörterbuch, das die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm auf den Weg gebracht haben, konnte erst 1971, also lange nach dem Tod der Brüder, abgeschlossen werden. Es enthält schließlich sage und schreibe etwa 320.000 Stichwörter auf 34.824 Seiten und ist eine überbordende und sehr nostalgische Preziosensammlung für Menschen, die schöne alte Wörter lieben. Wenn Sie sich für solche wie „anblümen“, „besuchameise“, „fatzvögelisch“, „hosenseufzer“, „lapparsch“, „plumpshalben“ und viele, viele weitere interessieren, dann sind die vier Folgen unbedingt hörenswert!
Und warum nicht einmal jemand als „Hannepampel“ oder einem anderen alten Wort beschimpfen? Auch dafür bietet das Wörterbuch reichlich Auswahl!
Die Verweise
- SWR2: „Wortklaubereien in Grimms Wörterbuch (1-4)“ (Erstsendung: 28. Mai 2018). Alle vier Folgen stehen bis etwa Mitte April 2024 zum Nachhören und -lesen (die Manuskripte stehen als PDF zum Herunterladen) bereit.
- Und hier können Sie die Wörter nachschlagen: Wörterbuchnetz: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm.
- Siehe in meinem beruflichen Weblog auch „Von Fernsehern und Beinahewundern“ über ein typografisch wunderbar gestaltetes Buch über Grimms Wörterbuch
- sowie hier die Beiträge „Pomadenhengst“ und „Was Sie schon immer (nicht) wissen wollten (25)“ über das Schlaraffenland, über das die Brüder Grimm auch ein Märchen verfasst hatten!
(Dieser Beitrag ist eine Übernahme auch aus meinem beruflichen Weblog, der dort am 21. April 2023 veröffentlicht und für diese Notizen leicht bearbeitet wurde.)
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