Was Sie schon immer (nicht) wissen wollten (25)
Das Schlaraffenland
Woher kommt eigentlich der Ausdruck „wie im Schlaraffenland (leben)“? Und wo liegt das Land? Gibt es das überhaupt? Möglicherweise!

Das Schlaraffenland (im Original: Luilekkerland), Gemälde von Pieter Brueghel dem Älteren (gemeinfrei/ Wikimedia Commons). Das Werk befindet sich heute in der Alten Pinakothek im München.
Der Ausdruck „wie im Schlaraffenland (leben)“ bedeutet: faul und genussvoll leben. Das Schlaraffenland, auch „Schlarraffenland“ oder bei Hans Sachs „Schlaweraffen Landt“ bzw. „Schlauraffenlandt“, ist ein fiktiver Ort aus diversen Märchen, in dem alles im Überfluss vorhanden ist. Doch gibt es das Land überhaupt? Und falls ja, liegt es in Europa oder gar in Deutschland? Ganz sicher jedoch entstanden die Geschichten ums Schlaraffenland aber in Europa, der Name bei uns.
Der Mythos des Schlaraffenlandes
Die Idee eines Landes, in dem Milch und Honig fließen, begegnet uns bereits in der Antike, so etwa in der griechischen Komödie. Im Deutschen tauchte im Mittelalter der Begriff gugelmüre für ein utopisches Schlaraffenland auf. Doch auch in anderen europäischen Kulturen finden sich frühe Entsprechungen.
Der Name dieses Paradieses, das im 14. Jahrhundert erdacht wurde, leitet sich vom mittelhochdeutschen Wort für Faulpelz slūr her. Verbunden mit affe, was „Narr“ und „Tor“ bedeutete, wurde slūraffe, also „das Land der faulen Affen“, zum Schimpfwort für gefräßige Menschen und Nichtstuer. Mit der Lautverschiebung kam es erst zum „Schlauraffen“ und dann zur heutigen Form „Schlaraffe“. Wo diese Faulenzer lebten oder wohin sie wollten, das nannte man ab etwa 1500 „Schlaraffenland“. Die Vorstellung eines Schlaraffenlandes hatte für die Menschen des Mittelalters „eine besondere Faszination, weil ein ausreichendes Nahrungsangebot keineswegs die Regel war und Hungerzeiten häufig vorkamen. Arbeit galt vielfach als Plage, der man sich um des nackten Überlebens willen unterziehen musste und die kaum Zeit für Muße ließ“ (Wikipedia: Schlaraffenland).
Über die Brüder Grimm („Das Märchen vom Schlauraffenland“) bis hin zu Erich Kästner („Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee“) und Heinrich Mann („Im Schlaraffenland“) reicht der Mythos des Schlaraffenlandes bis in die Neuzeit.
Wie gelangt man ins Schlaraffenland?
Wie man dorthin kommt? Grießbrei, Grießbrei und nochmals Grießbrei. Doch um ans Ziel zu gelangen, sollte man einen guten Magen haben. Wer nämlich die Barriere aus Grießbrei durchessen kann, der gelangt in ein Land, in dem einem – schwupps – gebratene Tauben in den Mund fliegen, wo Bäche von Bier und Wein fließen, Bäume aus Zucker stehen, Tortenberge, Zäune aus Bratwürsten, wo kross gebratene Spanferkel mit Essbesteck im Rücken herumlaufen. Und selbst die Früchte fallen einem in den Schoß. (Aus Rolf-Bernhard Essig: Ich kenn doch meine Pappenheimer, Duden-Verlag 2018)
So oder ähnlich beschreiben Geschichten das Schlaraffenland, die Heimat der Faulen, das Land der Fresser. Doch es geht eventuell auch ohne Grießbrei!
Das Lauragais südöstlich von Toulouse

Die Ortschaft Saint-Félix-Lauragais vor der etwa 60 Kilometer südwestlich gelegenen Kulisse der Pyrenäen (Didier Descouens/ Wikimedia Commons)
Im französischen Sprachraum wird die südöstlich von Toulouse gelegene Landschaft des Lauragais als pays de cocagne bezeichnet, was in etwa dem Schlaraffenland entspricht. Auch eine volkstümliche Schlaraffenland-Utopie im Irland des 14. Jahrhunderts verweist auf das utopische „Cokaygne“. Neben freiem Essen und Trinken ging es hierin übrigens auch um soziale Gleichheit und freie Sexualität! Lokalisiert war es im fiktiven, westlich von Spanien gelegenen Land Cokanien.
Siehe hier beispielsweise auch
- Einkaufsverhalten
- Wir Schweinedeutsche
- Was Sie schon immer (nicht) wissen wollten (8) über Spiritualität, die politische Dimension und Sprichwörter rund ums Essen und Trinken
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