Der ADC und Schlingensief
Ehre, wem Ehre gebührt, oder jemandem die Ehre abschneiden?
Gib dein Produkt einem Menschen, der es nicht gebrauchen kann. Wenn du Glück hast, hasst er es sogar.
(„100 Ratschläge für Kreative“ auf Texter.de – Verzeichnis für Texter & Autoren, Nr. 38; da die Seite nicht mehr existiert, hier aus dem Internet Archive.)
Es gibt Meldungen, da schüttelt man nur den Kopf: „Christoph Schlingensief wird Ehrenmitglied des Art Directors Club für Deutschland“. Manche Auszeichnungen können einer Abwertung des Ausgezeichneten gleichkommen! Der ADC und Schlingensief.
Der ADC
Man erinnere sich: Der Art Directors Club für Deutschland e. V. (ADC) ist der Zusammenschluss führender sogenannter „Kreativer“ der sogenannten „Kommunikationsbranche“. Mit anderen (und einfachen) Worten: Leute, die sich selbst für „am kreativsten“ halten bzw. von anderen dafür gehalten werden. Leute, die Werbung machen, also Werbefuzzis, ganz einfach gesagt. „Der […] ADC ist der Impulsgeber für die Kommunikationsbranche und Gradmesser für außergewöhnliche und herausragende Kommunikationslösungen“, tönt es vollmundig in dessen Selbstdarstellung. Und dann erinnere man sich etwa an Schlingensiefs Theateraktionen zu Arbeitslosigkeit mit Menschen, die aufgrund ihrer Armut für die Verheißungen einer solchen Branche wenig empfänglich sind!
Nun also auch Schlingensief?
Zu den früheren und prominentesten Persönlichkeiten, denen der Titel des ADC-Ehrenmitglieds verliehen wurde, gehören solche wie der Komödiant Vicco von Bülow (1980), der Zeichner und Karikaturist Tomi Ungerer (1981), der Fotograf Helmut Newton (1984), der Verleger Rudolf Augstein (2000), sogar Titanic-Mitbegründer und Schriftsteller Robert Gernhardt (2002) und jetzt der Regisseur Christoph Schlingensief.
Doch wie kommen diese eigentlich zu dieser „Ehrung“? Besondere Verdienste um die Werbung, Pardon: „Kommunikation“?
Der ADC und Schlingensief
Der Verdacht drängt sich doch sehr stark auf, dass sich der ADC eher mit diesen Personen schmückt als dass die Verleihung dieses Titels umgekehrt eine echte Ehre für die Ausgezeichneten ist.
Aber man muss ja nicht jeden Titel und jede Auszeichnung annehmen. Mehr noch: Manche können sogar eine Beleidigung sein!
(Siehe hier auch „Guerilla-Marketing“ und „Befragung“!)
Also ich glaube das ist eh nur eine kurzfristige Trendgeschichte.
Keineswegs: Schlingensief hat die „Auszeichnung“ als Ehrenmitglied 2009 angenommen!