Hut ab!
Dilma Rousseff zum Abhörskandal vor den Vereinten Nationen
Während sich deutsche und andere Politiker im Zusammenhang mit der Abhör- und Spionageaffäre als unwissend geben und daher kaum zu energischen Protesten gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien neigten, zeigte die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff am 24. September 2013 in einer Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen weitaus mehr Mut. Hut ab, kann man da nur sagen! Hier ihre Rede in Auszügen:[…] ich möchte das Augenmerk der Delegationen auf eine Angelegenheit von hoher Bedeutung und großem Gewicht lenken. Jüngste Enthüllungen über die Aktivitäten eines globalen Netzwerkes elektronischer Spionagetätigkeiten haben weltweit für Empörung und Ablehnung in der öffentlichen Meinung gesorgt. In Brasilien war die Situation noch gravierender, da sich zeigte, dass der Eingriff bei uns sehr gezielt stattfand. Persönliche Daten der Bürger wurden wahllos abgefangen. Informationen von Wirtschaftsunternehmen — oft von hohem wirtschaftlichen und sogar strategischem Wert — standen im Zentrum der Spionagetätigkeit. Überdies wurde die Kommunikation diplomatischer Einrichtungen Brasiliens abgefangen — darunter die Ständige Vertretung bei den Vereinten Nationen und das Büro der Präsidentin von Brasilien selbst.
Eine derartige Manipulation nationaler Angelegenheiten anderer Länder stellt einen Völkerrechtsbruch dar und einen Affront gegen grundlegende Prinzipien, die die Beziehungen zwischen den Ländern prägen — umso mehr, da es befreundete Nationen betrifft. Eine souveräne Nation darf ihre Interessen niemals auf Kosten einer anderen souveränen Nation sichern. Das Recht auf Sicherheit der Bürger des einen Landes darf niemals auf die Verletzung grundlegender Menschenrechte der Bürger eines anderen Landes gegründet werden.
Die Argumente, dass illegales Abfangen von Informationen und Daten dem Schutz der Völker gegen den Terrorismus dienten, sind nicht haltbar. Brasilien, Herr Präsident, weiß sich selbst zu schützen. […] Ohne das Recht auf Privatsphäre kann es keine wahre Meinungs- und Redefreiheit geben und folglich keine echte Demokratie. Ohne die Achtung der Souveränität gibt es keine Grundlage für die Beziehung zwischen Nationen.
[…] Wir drückten der Regierung der USA unsere Missbilligung aus und verlangten Erklärungen, Entschuldigungen und Garantien dafür, dass sich diese Aktivitäten nicht wiederholen. Friedliche Regierungen und Gesellschaften, die, wie in unserem Fall, eine ehrliche strategische Partnerschaft aufzubauen suchen, können nicht zulassen, dass rechtswidrige Daueraktionen zur Normalität werden. Das ist nicht akzeptabel. […] Das Problem jedoch geht über eine bilaterale Beziehung hinaus. Es wirkt sich auf die internationale Gemeinschaft insgesamt aus und verlangt eine Antwort von ihr. Informations- und Telekommunikationstechnologien dürfen nicht zum neuen Schlachtfeld zwischen den Staaten werden. Die Zeit ist reif zur Schaffung von Regelungen, die verhindern, dass das Internet durch Spionage, Sabotage und Angriffe auf Systeme und Infrastrukturen anderer Länder als Kriegswaffe eingesetzt wird.
(Quelle: UN General Assembly General Debate of the 68th Session — Brazil mit der Möglichkeit, die Rede im Original zu sehen und in verschiedenen Sprachen zu hören; Übersetzung: Günther Pagel von Netzpolitik.org, dort auch weitere Informationen dazu. Siehe zur Reaktionslosigkeit der deutschen Öffentlichkeit hier auch „Abhörskandal, war da was?“ und über ein anderes „Hut ab“: „Straßen mit Liebe gefüllt“!)
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