Der Rest ist Schweigen
Schöner sterben mit Shakespeare
Der Tod ist eines der zentralen Themen bei William Shakespeare. Bei keinem anderen Autor wird so viel gestorben wie bei ihm. Und keiner findet solch schöne Worte für das Sterben! So auch: Der Rest ist Schweigen.
William Shakespeare behandelt die ganz großen Themen: Liebe, Identität, Macht, Tod. Vor allem den Tod. Bei keinem anderen Autor wird so viel gestorben wie bei ihm, und nie sind es natürliche Tode. Obwohl er selbst seit über 400 Jahren tot ist, spricht er durch sein Werk bis heute zu uns. Auch vom Sterben, denn der Tod ist allgegenwärtig in seinen Dramen. Dadurch, dass vermutlich jeden Tag mindestens ein Hamlet auf irgendeiner Bühne dieser Welt stirbt und täglich irgendwo eine Julia ihrem Romeo in die Unendlichkeit folgt, hat sich Shakespeare unsterblich gemacht.
Nachdem wir uns hier bereits dem (schöneren) Schimpfen mit Shakespeare gewidmet haben, wenden wir uns anhand einiger Zitate nun dem (schöneren) Sterben mit Shakespeare zu.
Der Rest ist Schweigen
Neben „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ (ebenfalls aus Hamlet, Prinz von Dänemark) ist dies das wohl berühmteste Zitat aus William Shakespeares Werken und eines der bekanntesten Zitate der Weltliteratur: Der Rest ist Schweigen, The rest is silence. Bedeutend ist es deswegen, weil es Hamlets letzte Worte vor seinem tragischen Tod sind. In einem Fechtkampf wird Hamlet von seinem alten Freund Laertes mit einer vergifteten Degenspitze niedergestochen. Heutzutage drückt man damit meist Ratlosigkeit aus oder äußert sein Unvermögen, zu einer schwierigen Sache etwas zu sagen.Die Zitate
Du weißt, es ist gemein: was lebt, muß sterben
Und Ew’ges nach der Zeitlichkeit erwerben.
(Gertrude, Königin von Dänemark, in: Hamlet, 1. Akt, 2. Szene)
Der Rest ist Schweigen.
(Hamlet in: Hamlet, 5. Akt, 2. Szene)
Wer da stirbt, zahlt alle Schulden.
(Stephano in: Der Sturm, 3. Akt, 2. Szene)
[…] Wir sind solcher Zeug
Wie der zu Träumen, und dies kleine Leben
Umfaßt ein Schlaf.
(Prospero in: Der Sturm, 4. Akt, 1. Szene)
Nichts in seinem Leben stand ihm so gut, wie es zu verlassen: er starb wie einer, der in seinem Tod bewandert war, indem er das Teuerste, das er besaß, fortwarf, als wäre es eine unwesentliche Nichtigkeit.
(Malcolm in: Macbeth, 1. Akt, 4. Szene)
Es ist Albernheit zu leben, wenn das Leben eine Qual wird, und wir haben die Vorschrift zu sterben, wenn Tod unser Arzt ist.
(Rodrigo in: Othello, 1. Akt, 3. Szene)
Oh, edle Herrn, des Lebens Zeit ist kurz:
Die Kürze schlecht verbringen, wär’ zu lang’.
(Percy in: König Heinrich IV, 1. Akt, 2. Szene)
Laß mich bei Zeiten Amen sagen, ehe mir der Teufel einen Querstrich durch mein Gebet macht.
(Solanio in: Der Kaufmann von Venedig, 3. Akt, 1. Szene)
Du bist nur Narr des Todes,
Denn durch die Flucht strebst du ihm zu entgehn,
Und rennst ihm ewig zu.
(Herzog in: Maß für Maß, 3. Akt, 1. Szene)
Im Elend bleibt kein andres Heilungsmittel,
Als Hoffnung nur:
Ich hoffe Leben, bin gefaßt auf Tod.
(Claudio in: Maß für Maß, 3. Akt, 1. Szene)
Was bleibt nun noch,
Das man ein Leben nennt? Und dennoch birgt
Dies Leben tausend Tode; dennoch scheu’n wir
Den Tod, der all die Widersprüche löst.
(Herzog in Maß: für Maß, 3. Akt, 1. Szene)
Ich seh’, nach Leben strebend, such’ ich Sterben,
Tod suchend, find’ ich Leben. Nun, er komme!
(Claudio in: Maß für Maß, 3. Akt, 1. Szene)
Shakespeares Grab
Shakespeares Grab befindet sich in der Holy Trinity Church in Stratfort-upon-Avon, England. Auf dem Grabstein steht:GOOD FREND FOR JESUS SAKE FORBEARE,
TO DIGG THE DVST ENCLOASED HEARE.
BLESTE BE THE MAN THAT SPARES THES STONES,
AND CVRST BE HE THAT MOVES MY BONES.
(deutsch: O guter Freund, um Jesu Willen
grabe nicht im Staube, der hier eingeschlossen liegt.
Gesegnet sei, wer schonet diese Steine,
verflucht sei, wer bewegt meine Gebeine.)
Der Rest ist Schweigen.
Ja, aber das ist noch gar nichts gegen die unzähligen gewaltsamen Tode, die im Fernsehen und Kino gestorben werden, und oft in einer Brutalität und Detailtreue, die wohl selbst Shakespeare angewidert hätte …
Nun, falls sich die Dramen Shakespeares und seine Zeit mit den Toden aus Fernsehen und Kino von heute überhaupt vergleichen lassen: Die gewaltsamen Tode bei ihm sind auch nicht gerade schmerzlos, und wie detailgenau sie inszeniert werden, hängt doch auch immer sehr stark von der Regie und ihrer Intention ab. Und würde Shakespeare noch leben, wäre es nicht denkbar, dass ihm nicht auch ein Drama über das Sterben in unserer Zeit einfallen würde? Über die Kriege und das Morden in ihnen, das in seiner Brutalität keineswegs zu unterschätzen ist? Bushs Irakkrieg beispielsweise: Welch einen grandiosen Stoff für eine Intrige gäbe das ab!
Aber danke für den ersten Kommentar von dir hier nach längerer Zeit!
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