Fußball als Konfliktlösung
Gestern bin ich zufällig auf einen wunderbaren Fernsehfilm gestoßen: „Der 90-Minuten-Krieg“. Hierin geht es darum, Fußball als Konfliktlösung einzusetzen, hier: um den palästinensisch-israelischen Dauerkonflikt zu beenden. Ein Fußballspiel soll nämlich entscheiden, wer künftig in diesem Teil des Nahen Ostens leben darf. Wer verliert, muss das Wüstenland verlassen!
Der Sieger bekommt alles, von Jaffa bis Jerusalem, von Galiläa bis Eilat. Kein Streit mehr, keine Kriege, endlich Ruhe.
(Sendungsseite des ZDF)
Natürlich dauert es, bis ein geeigneter Spielort gefunden ist, ein geeigneter Schiedsrichter und eine Antwort auf die Frage, ob die Spieler in Israel bzw. Palästina leben müssen oder ob schon die Abstammung reicht. Gegenseitige Vorurteile und Aversionen werden ebenso gepflegt wie die eigenen Eitelkeiten. Mittel werden gesucht (und gefunden!), um die gegnerische Mannschaft zu schwächen. So verweigern israelische Grenzsoldaten palästinensischen Spielern zunächst die Einreise aus dem Westjordanland, bis Israelis die Grenzen ganz schließen. Im Gegenzug verbündet sich der palästinensische Fußballverband mit dem Iran, lässt sich von Saudi-Arabien mit Sportschuhen ausstatten und schleust Spieler über ein geheimes Tunnelsystem ein. In dieser Atmosphäre reicht ein freundliches Zupfen an der Krawatte des gegnerischen Verbandspräsidenten, um diese vor einem gemeinsamen Fernsehauftritt zu richten, schon aus, um eine Rauferei auszulösen. Tabletten gegen Sodbrennen teilt man allerdings gern!
Dazwischen: der (ausgerechnet!) deutsche (!) Trainer des Israelis, „Herr Müller“, herrlich dargestellt vom wie meist trocken-komischen Detlev Buck, dem nach einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem Zweifel ob der eigenen Tauglichkeit kommen.
Der Spielfilm „Der 90-Minuten-Krieg“ des israelischen Autors und Filmregisseurs Eyal Halfon, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Itay Meirson, funktioniert wie ein Dokumentarfilm. Kamerareporter begleiten die Verhandlungen auf Schritt und Tritt. Als Sprache funktioniert die einzig richtige Möglichkeit: original mit deutschen Untertiteln. Palästinenser sprechen arabisch, Israelis hebräisch und der portugiesische Platzwart des Estádio Dr. Magalhães Pessoa in Leiria, auf das sich die Beteiligten nach langem Hin und Her geeinigt hatten, portugiesisch. Während der Verhandlungen gilt Englisch als gemeinsame Sprache. Fußball als Konfliktlösung, hier in einer mitunter absurden, makaberen und schwarzen, aber vor allem gelungenen und köstlichen Komödie ausgetragen!
Aber es gilt, sich zu beeilen: Der Film aus der ZDF-Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ (Länge: etwa 80 Minuten) ist nämlich nur noch bis einschließlich 30. April 2022 abrufbar: „Der 90-Minuten-Krieg“ in der ZDF-Mediathek. Er eignet sich übrigens auch bestens für Menschen, die mit Fußball überhaupt nichts anfangen können!
(Siehe hier auch „Desmond Tutu an Israel“, „Auge um Auge“, „Sicherheit ist alles“ und „Fußball-Weltmeisterschaft in Russland“!)
Kommentare
Fußball als Konfliktlösung — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>