Was Sie schon immer (nicht) wissen wollten (28)
Die Monty Pythons im deutschen Fernsehen
Nur die Älteren können sich eventuell noch daran erinnern, dass die englische Komikergruppe Monty Pythons im deutschen Fernsehen auftrat. Und das sogar nicht als Import der BBC, sondern in eigens für die ARD produzierten Folgen!
Es war Alfred Biolek, damals Produzent für die ARD, der die Idee hatte, die englische Satiretruppe „Monty Python’s Flying Circus“, wie sie komplett heißen, nach Deutschland zu holen. 1970 hatte er sie in London entdeckt. Hierzulande sind sie aber noch völlig unbekannt. Als eine Art humoreske Entwicklungshilfe wollte er mit ihnen eigens für die ARD produzierte Folgen drehen.
Und so trafen die Pythons, bestehend aus John Cleese, Eric Idle, Graham Chapman, Terry Jones und Michael Palin, im Sommer 1971 in Oberbayern ein. Zuerst für Recherchen und dann noch einmal, um dort tatsächlich zwei Sendungen zu drehen. Sie sollten damit Humor- und Fernsehgeschichte schreiben! Dabei hatten die Pythons völlig freie Hand. So sprachen die Engländer ihren Text sogar auf Deutsch, um zu zeigen, dass es sich um eine exklusive Produktion für das hiesige Publikum handelt. Sätze wie „Ich weiß über Dürer genauso viel wie über das Rektum eines Kängurus“ sprachen sie lautmalerisch, ohne ein Wort deutsch zu können.
100-Meter-Lauf der Orientierungslosen und Fußballspiel zwischen deutschen und griechischen Philosophen
Die Premiere fand am 3. Januar 1972, also vor fast genau 50 Jahren, statt. Gesendet wurden eine Parodie auf die kommenden Olympischen Spiele in München („100-Meter-Lauf der Orientierungslosen“) und ein Fußballspiel zwischen deutschen und griechischen Philosophen mit einem legendären Kopfballtor von Sokrates, gespielt von Eric Idle. John Cleese zeigte sich als Rotkäppchen, das einen Sittenstrolch, gespielt von Biolek, aufs Übelste vermöbelt. Das Ergebnis gehört zum Lustigsten, was das deutsche Fernsehen je zustande gebracht hat – überfordert aber das damalige Fernsehpublikum. Die Folgen der Monty Pythons im deutschen Fernsehen kommen leider gar nicht gut an und verschwinden so im Archiv. (Dass die Olympischen Spiele bekanntlich in einem Desaster endeten, ist den Komikern hierbei natürlich nicht vorzuwerfen.)
Erst Jahre später sind die Pythons geradezu Kult

Eine Collage mit Eric Idle, Terry Gilliam, Michael Palin, John Cleese und dem berühmten Fuß (User:Husky über Wikimedia Commons)
Ich kann mich jedoch noch gut daran erinnern, dass meine Mutter und ich uns damals köstlich über deren oft deftigen, mitunter albernen und (heute würde man sagen:) politisch völlig unkorrekten Humor amüsierten. Es sollte aber noch Jahre dauern, bis die Pythons durch Filme wie „Das Leben des Brian“ und „Die Ritter der Kokosnuss“ auch hierzulande zum Kult wurden. (An dieser Stelle ein Hinweis: Im ebenfalls sehr bekannten Film „Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft“, ein Zusammenschnitt von Sketchen von 1971, die sie für die britische TV-Serie „Monty Python’s Flying Circus“ aufzeichneten und der zurzeit und noch bis zum 31. März 2022 in der Arte-Mediathek abrufbar ist, sind einzelne Sketche stark gekürzt! „Der tödlichste Witz der Welt“ (The Funniest Joke in the World), „Der Papagei ist tot“ (Dead Parrot) und das „Holzfäller-Lied“ (The Lumberjack Song) verlieren so ihren humoristischen Tiefgang.)
John Cleese sagte später im Rückblick auf die Zeit der Monty Pythons im deutschen Fernsehen: „Es war eine bizarre Idee – das machte es für uns so attraktiv“. Zeit, diese Folgen wieder aus den Archiven zu holen!
Eine Radiosendung erinnert an diese Episode der Fernsehgeschichte; hier zum Nachhören: WDR 5, Zeitzeichen: „3. Januar 1972 – Erste Folge von Monty Python’s Flying Circus in der ARD“ (15 Minuten) vom 3. Januar 2022, verfügbar bis zum 4. Januar 2099. Auch interessant hierüber ist der Wikipedia-Artikel über die Monty Pythons im deutschen Fernsehen: Monty Python’s Fliegender Zirkus!
(Siehe hier auch zu einer anderen Episode der deutschen Fernsehgeschichte: „Zum Affen gemacht“!)
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