Schöffinnen und Schöffen dringend gesucht!
Die deutsche Justiz sucht gerade Tausende ehrenamtliche Richterinnen und Richter, nämlich Schöffinnen und Schöffen. Und die AfD versucht, das Amt für ihre Zwecke zu missbrauchen, indem sie die Plätze auf der Richterbank mit Rechtsextremen besetzt.[1] Klar ist: Verfassungsfeinde im Schöffenamt sind brandgefährlich für unsere Demokratie! Doch es gibt eine Möglichkeit, die Rechten stoppen zu können.
Aktuell werden bundesweit 60.000 Freiwillige gesucht. Das Problem: Kaum jemand weiß von der Wahl – und viel zu wenige Menschen bewerben sich darauf. Rechtsextreme und Reichsbürgerinnen und Reichsbürger haben so leichtes Spiel bei der Nominierung für dieses wichtige Justizamt. Vorverurteilung nach Hautfarbe, härtere Strafen für Menschen mit Migrationshintergrund oder Straffreiheit bei Hass und Hetze – nicht auszumalen, was die Macht, Urteile zu fällen, in der Hand von Rechtsextremen bedeutet!
Bedenkt man die Macht des Amtes, ist es erstaunlich einfach, Schöffin resp. Schöffe zu werden. Ein DIN-A4-Blatt mit persönlichen Angaben, Name, Anschrift und Beruf und eine Frage zu Vorverurteilungen – das war’s.[2] Zwar sollen die Gemeinden die Bewerbungen vorher prüfen und bestätigen, doch es ist oft unmöglich, Extremisten zu erkennen und gezielt auszuschließen.
In Erfurt wurde erst vor wenigen Wochen eine Schöffin in einem Schleuser-Prozess als Rechtsextreme enttarnt.[3] Möglich war das nur, weil sie zuvor bei rechten Demonstrationen neben dem thüringischen AfD-Landeschef Höcke als Anmelderin auftrat. Dem Gericht war sie lediglich als Mathematiklehrerin bekannt. Doch die meisten Rechtsextremen bleiben ihre Amtszeit über unerkannt [1] – mit erheblichen Folgen für unser Rechtssystem. Auch in Berlin flog eine Schöffin nur deshalb als rechtsextreme Hetzerin auf, weil sie auf einer Facebook-Seite Asylsuchende als „Halbwilde und Tiere“ bezeichnete.[5] Solche Menschen gehören vor Gericht, nicht auf die Richterbank!
Die AfD, rechte Bürgerbewegungen und die rechtsextreme Kleinpartei „Freie Sachsen“ rufen ihre Leute bereits gezielt auf, sich als Schöffinnen und Schöffen zu bewerben.[4] In der Theorie erfolgt die Wahl zwar durch einen Wahlausschuss, doch da es zu wenig Bewerbungen gibt, hat er zu wenig Auswahl. Rechtsextreme haben so leichtes Spiel. Sie nutzen die geringen Bewerberzahlen aus, um sich gezielt ins Justizsystem einzuschleichen.[1]
Um das zu verhindern, brauchen wir deutlich mehr Schöffinnen und Schöffen auf der Richterbank, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Schützen Sie unsere Demokratie und melden Sie sich freiwillig für das Schöffenamt! Alle wichtigen Informationen zum Bewerbungsverfahren finden Sie auf der offiziellen Seite des Bundesverbands ehrenamtlicher Richterinnen und Richter e. V.: Schöffenwahl 2023.
Quellen:
[1] „‚Es gibt Grund zur Sorge‘“, „taz“ vom 25. September 2022
[2] „Wir nehmen jeden“, „Süddeutsche Zeitung“ vom 1. Februar 2023
[3] „Landgericht Erfurt setzt rechte Aktivistin als Schöffin ein“, MDR Online vom 14. Januar 2023
[4] „Anton Baron MdL: Schöffenwahl ist Ausdruck direkter Demokratie“, AfD-Fraktion Baden-Württemberg, 30. Januar 2023
[5] „Extremist im Ehrenamt“, „Süddeutsche Zeitung“ vom 21. März 2022 sowie
Campact e. V., Artilleriestraße 6, 27283 Verden
(Siehe hier etwa auch „Die Netzwerke der rechtsextremen ‚Alternativmedien‘“!)
Nachtrag vom 15. März 2023
Die Radiosendung „Der Tag“ von hr2-kultur und hr-info brachte gestern, am 14. März, eine interessante und zu diesem Thema passenden Beitrag: ‚Im Namen des Volkes: Schöffen gesucht!“. Darin kommen u. a. ein Schöffe, der ehemalige Berufsrichter Klaus Drescher, die hr-Gerichtsreporterin Heike Borufka und die Beauftragte des Bundesverbandes ehrenamtlicher Richterinnen und Richter e. V. Heike Schmidt zu Wort.
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