Was Sie schon immer (nicht) wissen wollten (6)
Wie dramatisch!
Welch ein Drama, sagen wir manchmal, oder: wie dramatisch, und meinen damit ein aufregendes, erschütterndes oder auch trauriges Geschehen. Im Sport erleben wir manchmal ein dramatisches Finale oder ein dramatisches Spiel. Doch wissen wir eigentlich, was ein Drama ist und woher die Neigung, etwas als dramatisch zu bezeichnen, herrührt?

Dramatisch oder nicht, das ist hier die Frage! (Microsoft Clip Art)
Das Rückspiel der Frankfurter Eintracht gegen den FC Porto kürzlich war äußerst dramatisch, das Ergebnis des Spiels und das damit verbundene unglückliche Ausscheiden der Frankfurter aus der Europaliga ebenso. Ein Unfall hatte dramatische Folgen, der Klimawandel wird uns solche noch bescheren. Die Spannung in einem Kriminal- oder Horrorfilm wächst dramatisch, die Ungleichheit der Verteilung finanzieller Mittel in unserer Bevölkerung (siehe hier „Armutsrisiken in Deutschland“) und die Energiekosten (siehe hier „Energiewende“) wachsen auch dramatisch. Die Tendenz, ein Ereignis als dramatisch zu bezeichnen, allerdings auch!
Das Drama
Drama (von Altgriechisch drāma für „Handlung“) ist ein Oberbegriff für Texte mit verteilten Rollen. Die Dramatik ist neben der Epik und der Lyrik eine der drei grundlegenden literarischen Gattungen. Unter dieser sind alle Arten von Bühnenstücken, also sowohl Trauerspiele (Tragödien) als auch Lustspiele (Komödien) sowie die Tragikomödie, eine Mischform von beiden, vereint. Alle haben ihren Ursprung in der griechischen Antike; vom Theater jener Zeit gingen entscheidende Impulse für das europäisch-westliche Theater aus. Begriffe wie theatron für die Spielfläche und den Zuschauerraum, skené für das Bühnenhaus und orchestra für die Spielfläche für Chor und Schauspieler erinnern daran noch heute.
Wir sehen also: Ein Drama ist keineswegs nur ein Schauspiel mit tragischem Ausgang! Der Duden sagt zu „Drama“:
- a. Bühnenstück, Trauerspiel und Lustspiel umfassende literarische Gattung, in der eine Handlung durch die beteiligten Personen auf der Bühne dargestellt wird“
b. Schauspiel [mit tragischem Ausgang]- aufregendes, erschütterndes oder trauriges Geschehen
Er erweitert die obige Definition, indem er Punkt 1b hinzufügt, in dem das Drama auf die Tragödie beschränkt wird, was Volkes Mund und Wissensstand abgelauscht sein muss, und um Punkt 2, die ebenso volkstümliche, umgangssprachliche Variante. Beim Stichwort „dramatisch“ im Duden erhält man aber kaum einen Verweis auf das Drama und nur noch Synonyme für die übertragene Verwendung.
Dramatisch = nach Art eines Dramas!
Mit „dramatisch“ meinen wir eigentlich „nach Art eines Dramas“, was nach dem Etymologischen Wörterbuch nach Pfeifer übrigens erst ab dem 17. Jahrhundert gebräuchlich ist (zitiert nach Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache DWDS). Wiktionary, das freie Wörterbuch, weist allerdings auch darauf hin, dass wir mit der Verwendung dieses Adjektivs „einer Sache eine höhere Bedeutung geben, als ihr zusteht“. Deshalb empfiehlt das Wortschatz-Lexikon im Wortschatz-Portal der Universität Leipzig genügend Alternativen, denn so dramatisch und tödlich (und damit tragisch, siehe oben!) wie im (antiken) Drama sind und enden die Ereignisse, die wir als dramatisch bezeichnen, eigentlich selten!
Wann ist etwas komisch?
Und da wir gerade beim Theater sind: Ähnlich verhält es sich, wenn wir etwas als komisch bezeichnen; nur selten nämlich ist das Ereignis wirklich komisch, also lustig „nach Art der Komödie“ – man denke auch an Komik (und an die Karikatur von Robert Gernhardt: „Herr Ober – die Suppe schmeckt so komisch!” Der Kellner: „Und warum lachen Sie dann nicht?“). In den allermeisten Fällen, in denen wir etwas für komisch halten, finden wir es eigentlich merkwürdig oder seltsam (siehe hier „140 Zeichen Nr. 20“)!
Bei der Tragik und dem Adjektiv „tragisch“ sieht das hingegen oft anders aus. Aber das wäre eine andere Notiz wert …
Pingback:Wohin korrekte Grammatik führt – Setzfehler
Pingback:Demonstriertes Kindertheater mit Commedia dell’arte – Ronalds Notizen
Pingback:Der Adler ist gelandet – Ronalds Notizen
Pingback:Die Verherrlichung des Henkers – Ronalds Notizen
Pingback:Arras, eine geradezu dramatische Schrift – Setzfehler
Pingback:„Clowns“: sehenswertes Tanztheater – Ronalds Notizen