AfD-Anhänger sind gegen entsprechende Verfassungsänderung in Hessen

Am letzten Sonntag fanden in Hessen Landtagswahlen statt. Zusätzlich gab es auch eine Volksabstimmung über insgesamt 15 Änderungen in der hessischen Verfassung. Darunter auch um die Abschaffung der Todesstrafe. Dort, wo es besonders viele AfD-Stimmen gab, gibt es auch besonders viele Befürworter der Todesstrafe!

Bei den Wahlen zum hessischen Landtag am vergangenen Sonntag gab es auch eine Volksabstimmung über die größte geplante Reform der hessischen Verfassung seit ihrer Verabschiedung im Jahr 1946. Es ging um fünfzehn Änderungen in der hessischen Verfassung, hierunter etwa um die Förderung des Ehrenamts, des Sports und der Gleichberechtigung sowie den Schutz von Kindern oder das Bekenntnis zu Europa. Allerdings lagen auch Abstimmungen zur Herabsenkung des Alters für das aktive Wahlrecht vor, also des Rechts, in den Landtag gewählt zu werden, von 21 auf 18 Jahre, ein Alter, in dem man zwar wählen und in den Bundestag gewählt werden kann, aber eben nicht für den hessischen Landtag. Und es ging um die Streichung der Todesstrafe aus der Verfassung. Die Wählerschaft hatte die Möglichkeit, die Verfassungsänderungen alle auf einmal „im Paket“ oder aber sie Punkt für Punkt anzunehmen oder abzulehnen.

Bis zum gestrigen Nachmittag bzw. zu den heutigen Abendnachrichten sind zwar noch nicht alle Wahlkreise ausgewertet, doch es ist absehbar, dass alle Änderungen angenommen wurden, wobei die Zustimmungsquote zwischen 80 und über 90 Prozent liegt. Die geringste Zustimmung errangen jedoch zwei Änderungen, auf die hier näher eingegangen werden soll.

Herabsenkung des Alters für das aktive Wahlrecht

Die meisten Gegenstimmen erhielt die Herabsetzung des Alters für das aktive Wahlrecht: Nur gut 70 Prozent haben dafür gestimmt. Der ablehnende Rest, immerhin knapp 30 Prozent, misstraut wohl der Reife junger Menschen.

Abschaffung der Todesstrafe

Da die Regel gilt: Bundesrecht bricht Landesrecht, ist nicht nur in Deutschland, sondern natürlich auch in Hessen die Todesstrafe durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bereits seit 1949 abgeschafft. Da aber in Artikel 21 immer noch der Satz vorhanden war

Bei besonders schweren Verbrechen kann er [jemand, der/die einer strafbaren Handlung für schuldig befunden wurde; Anmerkung des Autors] zum Tode verurteilt werden.

und in Artikel 109

Die Bestätigung eines Todesurteils bleibt der Landesregierung vorbehalten.

stand auch deren Streichung zur Abstimmung.

Die Todesstrafe in Hessen

Ausgeübt wurde die Todesstrafe zwar seit dem 14. Oktober 1864 nicht mehr, als der Schustergeselle Ludwig Hilbert in Marburg öffentlich durch das Schwert hingerichtet wurde, weil er seine schwangere Geliebte getötet haben soll. Danach sind seit 1949, als das Grundgesetz in Kraft trat und die Todesstrafe in Deutschland abgeschafft wurde, nur noch zwei Todesurteile in Hessen gesprochen worden. In einen Fall hatte ein Mann seine Frau ermordet, im anderen Hans-Bodo Gorgaß, ein Arzt der Nationalsozialisten, für „Euthanasie“-Morde in Hadamar in mindestens 1 000 Fällen. Beide Strafen wurden jedoch nicht als Todesstrafe vollstreckt, sondern in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Allerdings verhängten auch die Strafgerichte der Nationalsozialisten zahlreiche Todesstrafen; deutschlandweit ließen sie rund 16 000 Menschen hinrichten. So sprach zum Beispiel das Oberlandesgericht Kassel 15 Todesurteile aus, die in Frankfurt-Preungesheim vollstreckt wurden.

Jeder Fünfte ist für die Beibehaltung der Todesstrafe

Die Zustimmungsquote zur Beibehaltung und damit gegen die Abschaffung der Todesstrafe schwankt in Hessen zwischen 11,5 Prozent im Wahlkreis Kassel-Stadt I, 22,2 Prozent im Wahlkreis Wetterau II, 25,1 Prozent in Flörsbachtal (Main-Kinzig) und Hirzenhain (Wetterau), 26,1 Prozent im Schwalm-Eder-Kreis bis zu 26,7 Prozent in Freiensteinau (Vogelsberg). Interessant daran ist: In allen diesen Gemeinden bis auf Kassel waren auch die Stimmen für die AfD sehr hoch. Teilweise lagen sie damit sogar deutlich über dem landesweiten Wahlergebnis der AfD von 13,1 Prozent!

Fazit

Wir haben uns hier bereits damit auseinandergesetzt, dass Wahlen auch etwas mit Intelligenz und dem Intelligenzquotienten zu tun haben. Dass AfD-Anhänger ja gern und schnell nach Gesetzesverschärfungen, gar nach der Todesstrafe rufen, ist bekannt. Dass sie diese allerdings beibehalten wollen, obwohl sie de facto schon längst abgeschafft ist, lässt auf die Rückwärtsgewandtheit dieser Gesellen und Gesellinnen schließen.

Ob das Absprechen der Reife von jugendlichen Politikern und Politikerinnen und damit die vereinzelte Ablehnung der aktiven Wählbarkeit ebenso in Wahlkreisen besonders hoch war, in denen es auch viele AfD-Wählerinnen und -Wähler gib, ist (bislang) nicht bekannt. Wundern würde es nicht.

Nachtrag vom 7. November 2018

Wie die Hessenschau von gestern berichtet, lehnten AfD-Wähler auch alle anderen Verfassungsänderungen am stärksten ab; siehe hierzu

• hessenschau.de: AfD-Wähler lehnten die Verfassungsreform offenbar am stärksten ab

Verweise und Quellen

• hessenschau.de: Alle Ergebnisse zur Volksabstimmung über die Verfassung vom 1. November 2018
• hessenschau.de: Verfassungsreform: Todesstrafe hat in manchen Gemeinden viele Befürworter vom 31. Oktober 2018
• hessenschau.de: Mindestalter für Landtagsabgeordnete: Ist sie zu unreif für den Landtag? vom 14. Oktober 2018
• Hessischer Landtag: Volksabstimmung – 15 Entscheidungen für Hessens Verfassung
• Offener Brief an die AfD-Anhänger
• Der Volkszorn im Fall Edathy