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Arbeit, unsere Religion? — 7 Kommentare

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  3. Viele spi­ri­tu­elle Weis­hei­ten muten selt­sam an, wenn sie auf die nie­dere Ebene des „äuße­ren“ Lebens ange­wen­det wer­den. So könnte es auch hier sein: „Ora et labora“, bete und arbeite, stellt eine direkte Ver­bin­dung zwi­schen Reli­gion und Arbeit her. Sinn ergibt sie mei­nes Erach­tens, wenn das spi­ri­tu­elle Stre­ben nicht auf einen sorg­fäl­tig abge­grenz­ten Raum beschränkt wird („sonn­täg­li­cher Kirch­gang“), son­dern ganz kon­kret im All­tag ver­an­kert wird. Zum Bei­spiel in der stän­di­gen Selbst­er­kennt­nis, Dienst­bar­keit, Annahme der Lebensumstände.

    • Nun, wenn ich mal sar­kas­tisch ant­worte, würde ich sagen: Bete und arbeite, damit du nicht auf dumme (= unchrist­li­che, unkeu­sche) Gedan­ken kommst!

      Das Motto „Ora et labora“ stammt übri­gens sehr wahr­schein­lich vom Bene­dik­ti­ner­or­den; voll­stän­dig heißt es: Ora et labora (et lege), bete und arbeite (und lies). Laborare stand ursprüng­lich für die manu­elle Arbeit, es kann aller­dings auch mit „lei­den“ über­setzt wer­den. Und von der Antike über das Mit­tel­al­ter bis hin über das Zeit­al­ter der indus­tri­el­len Revo­lu­tion hin­aus hatte Arbeit nie etwas, was auch nur ansatz­weise mit Spi­ri­tua­li­tät zu tun hatte. Selbst ursprüng­lich für die Bene­dik­ti­ner nicht! Zitat aus dem sehr inter­es­san­ten Arti­kel über den Ursprung und die Bedeu­tung die­ses Mot­tos bei Tele­po­lis von Heise online: „Ora und labora“:

      Durch die Müh­sal und das Leid har­ter kör­per­li­cher Arbeit eifer­ten die Mön­che dem Lei­den Jesu Christi nach, um hier­durch dem Him­mel­reich näher zu kommen.

      Und wei­ter:

      Die Arbeit der Mön­che unter­schied sich somit in ihrer reli­giö­sen Kon­no­ta­tion grund­le­gend von der Pla­cke­rei, die Skla­ven in der Antike oder auch leib­ei­gene Bau­ern im Rah­men der bru­ta­len Fron­ar­beit etwa im spät­mit­tel­al­ter­li­chen Ost­eu­ropa zu ver­rich­ten hatten.

      Erst spä­ter „setzte ein Bedeu­tungs­wan­del des klös­ter­li­chen Arbeits­be­griffs ein, das Bewusst­sein des ‚Lei­dens‘ ver­schwand mit der Ver­in­ner­li­chung der Arbeits­dis­zi­plin, der sakrale Gehalt gewann an Bedeutung“.

      Spi­ri­tua­li­tät aber „wirkt“ sowieso über „die nie­dere Ebene des ‚äuße­ren‘ Lebens“ hin­aus, sonst ver­dient sie ihren Namen nicht. Ich ver­stehe aber durch­aus, wor­auf du hin­aus­willst. Sie aber in der (kör­per­li­chen) Arbeit zu suchen, ist mei­ner Ansicht nach nur bei sol­chen Men­schen in solch selbst­be­stimm­ten Tätig­kei­ten mög­lich, die eine Spi­ri­tua­li­tät (bei) der Arbeit zulas­sen (kön­nen), einer Arbeit, hin­ter der der Arbei­tende hun­dert­pro­zen­tig steht. Und das dürfte äu0erst sel­ten, wenn nicht gar unmög­lich sein!

      Zudem gibt es einen Unter­schied zwi­schen Reli­gion und Spi­ri­tua­li­tät; siehe hier den dir bekann­ten Bei­trag „Reli­gion und Spi­ri­tua­li­tät“. Der sonn­täg­li­che Kirch­gang hat denn auch mit ers­te­rem zu tun und nichts, aber auch gar nichts mit Spiritualität!

      Die Frage wäre daher, ob echte Spi­ri­tua­li­tät, auch bei der Arbeit, heute über­haupt noch gelebt wer­den kann. Ich denke, nicht, son­dern wir machen die Arbeit zur Religion/​zum Reli­gi­ons­er­satz, bei der Spi­ri­tua­li­tät nichts zu suchen hat, weil sie von der Arbeit in der kapi­ta­lis­ti­schen Welt ablenkt!

  4. Danke für die aus­führ­li­che Antwort!
    Ich glaube, dass es bei sehr vie­len Tätig­kei­ten mög­lich ist, spi­ri­tu­ell bewusst zu bleiben.

    „Arbeit“ ist ein sehr weit gefass­ter Begriff. Wie sollte man sich heute sicher sein, dass Arbeit nicht schon seit lan­gen Zei­ten auch als „innere Arbeit“ auf­ge­fasst wurde?
    Bei Rumi habe ich gefun­den: “Love isn’t the work of the ten­der and the gentle; Love is the work of wrest­lers.“ Das erin­nert an den Dschi­had im Sinne der Sufis: den inne­ren Kampf.

    Man spricht ja von „Zusam­men­ar­beit“. In spi­ri­tu­el­len Grup­pen kann es eine große Her­aus­for­de­rung sein, sich dar­auf ein­zu­las­sen und bei all den unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen etwas Gemein­sa­mes zu schaf­fen, sei es mate­ri­ell oder imma­te­ri­ell. Und dabei die Hin­der­nisse im eige­nen Wesen zu erken­nen, wenn man auf bestimmte Eigen­hei­ten der ande­ren „anspringt“.

    Ich musste grade an den Tank­wart in „Peaceful War­rior“ den­ken („Der Pfad des fried­vol­len Krie­gers“). Wer sollte ver­hin­dern, dass echte Spi­ri­tua­li­tät gelebt wer­den kann, außer man selbst?

    • Zu dei­ner Frage am Ende: die Gesell­schaft, das (kapi­ta­lis­ti­sche) (Arbeits)umfeld. Man muss ein Mönch sein oder sonst­wie außer­halb davon ste­hen, um echte Spi­ri­tua­li­tät leben zu können.

      (Übri­gens: Bei Ant­wor­ten auf Kom­men­tare bitte zunächst auf „Ant­wor­ten“ kli­cken; das macht näm­lich die Hier­ar­chie der Kom­men­tare kla­rer und lässt zwi­schen Ant­wor­ten auf Kom­men­tare und Kom­men­ta­ren zum Bei­trag unterscheiden!)

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