Schlechte Deutschkenntnisse
oder Deutschkurse für nationale Deutsche!
Schlechte Deutschkenntnisse sind oft schwer zu ertragen. Besonders dann, wenn sie von Deutschen gezeigt werden, die gegen Ausländer hetzen. Eine Petition will das ändern: Deutschkurse für nationale Deutsche!
Es wurde schon viel über nachlassende bis schlechte Deutschkenntnisse in diesem Lande geredet und geschrieben. Neu ist das nicht. Schon zur Zeit meines Germanistikstudiums (und die ist sehr lange her!) mokierte sich Professor Leonhard M. Fiedler angesichts der von wechselnden Teilnehmerinnen und Teilnehmern anzufertigenden Seminarprotokolle über schlechte Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung sowie den vielfach schlechten Stil. Gerade im Zusammenhang mit einem Studium der Germanistik sei deren Beherrschung jedoch äußerst wichtig, brachte er sein Unverständnis zum Ausdruck, und fragte, warum man ausgerechnet ein solches Studienfach gewählt habe, das doch eben auch mit (korrektem) Schreiben zu tun hat, man dies aber selbst nicht beherrsche. (Siehe dazu auch den externen Verweis am Ende dieses Beitrags!)
Verbessert hat sich die Situation der nachlassenden Deutschkenntnisse keineswegs, eher das Gegenteil ist der Fall! Schaue ich heutzutage durch Artikel im WWW, die Möglichkeiten zur Kommentarabgabe haben, so erschrecke ich vor der oft geradezu erbärmlichen sprachlichen Qualität der Kommentare. Allerdings zeigen sich auch die Autorinnen und Autoren der Artikel selbst häufig nicht gerade als Fachleute für deutsche Sprache, besonders dann, wenn es sich um Blogger/-innen handelt. Aber das nur nebenbei.
Schlechte Deutschkenntnisse, gepaart mit Fremdenfeindlichkeit
Ebenso viel ist über die latente und offene Fremdenfeindlichkeit in diesem Lande geredet und geschrieben worden, auch hier in diesen Notizen (siehe hierzu vor allem „Der Nazi in uns“). Besonders in letzter Zeit. Und nicht nur die Fähigkeit des Menschen, beschimpfen und beleidigen zu können, wird im WWW zu neuer „Blüte“ getrieben (siehe hierzu hier auch „Der Volkszorn im Fall Edathy“), wenn ich das in diesem Zusammenhang so formulieren darf, sondern auch die Unfähigkeit, sprachlich, grammatisch und orthografisch korrekte Texte zu verfassen. Zusätzlich bedenklich wird das, wenn es sich hierbei um Deutsche handelt. Um Deutsche nämlich, die gegen Menschen hetzen, die der deutschen Sprache (noch) nicht mächtig sind, aber selbst in ihr wenig versiert sind! Also um aufrechte deutsche Mitbürger/-innen, gerne auch „Wutbürger“ genannt, wobei „aufrecht“ heutzutage anscheinend so etwas wie „auf rechts (getrimmt, gewendet)“ bedeutet.
Wie man hinlänglich weiß, geht Wut meist mit unkontrolliertem und unkontrollierbarem Verhalten einher. Taten, die aus einem solchen Verhalten heraus begangen werden, sind aber unentschuldbar. Das gilt auch für Worte. Und das gilt auch für das Geschreibsel dieser Kommentatoren. Gerade die Tatsache, dass es sich bei ihnen (Ihnen?) um Deutsche handelt, macht die schlechten Deutschkenntnisse nicht besser, im Gegenteil. Es entrüstet inhaltlich nicht nur jeden toleranten und mitfühlenden Menschen und entsetzt sprachlich jeden Germanisten, sondern tut rein optisch auch noch den Augen weh! Äußert sich so das Abendland, das doch angeblich gerettet werden soll?
Kostenloser Deutschunterricht für Asylkritiker
„So kann es nicht weitergehen in unserer stolzen Nation!“, ruft nun eine Petition auf Change.org. Und weiter, allerdings unter Weglassung eines Kommas und nicht optimaler Verwendung bzw. Platzierung der Anführungszeichen und des Gedankenstriches: „Nicht nur dass sich alle aufrechten, toleranten und klar denkenden Bürger tagtäglich mit den hanebüchenen Aussagen selbsternannter ‚Asylkritiker“ herumschlagen müssen, nein – man wird automatisch genötigt, die Postings dieser stolzen Volksdeutschen in diversen sozialen Netzwerken gedanklich zu korrigieren.“ Deshalb fordert sie, nicht ohne einen gewissen Humor, vom Parteivorsitzenden der NPD Frank Franz, vom Europaabgeordneten der NPD Udo Voigt und von der Vorsitzenden des Rings Nationaler Frauen Ricarda Riefling: „Organisieren Sie kostenlosen Deutschunterricht für ‚ Asylkritiker ‘ [sic!] und NPD-Sympathisanten! Fördern Sie Integration!“
Eine Petition, die man trotz Bedenken im Hinblick auf die auch nicht perfekten Deutschkenntnisse des Petenten nur unterschreiben kann! Und wer möchte, dass sich Gestalten, die solche erbärmlichen Kommentare verfassen, nicht auch noch vor Flüchtlingsheimen tummeln, unterzeichne auch gleich diese Petition: „Für ein Verbot fremdenfeindlicher Demonstrationen vor Flüchtlingsheimen!“
[Nachtrag vom 26. August 2015: Im Artikel „Ich bin kein Nazi aber: tragikomödiantisch als Interview verfilmt“ bei Blogrebellen habe ich ein nettes Video zum Thema „Schlechte Deutschkenntnisse“ gefunden: Interview mit „Ich bin kein Nazi aber …“ von Just Luca, und zwei Facebook-Gruppen gibt es zu diesem Thema auch: die „Hooligans Gegen Satzbau“ und „Rhetorische Perlen von AfD- und NPD-Anhängern“.]
Siehe auch
- Der Spiegel: „Hochschulen: ‚Das Niveau sinkt‘“ vom 1. Oktober 2012
- und hier „140 Zeichen (20)“ zum Thema „Wohin korrekte Grammatik führt“!
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Tja, es ist schon bemerkenswert, dass in den linken Kreisen doch eher Intellektuelle vorherrschen, die der inländischen, also deutschen Sprache denn auch durchaus mächtig sind. Bei den Rechtspopulisten findet man deutlich mehr geistige Tiefflieger vor. Allerdings muss man der ehemaligen Vorsitzenden der AfD Sachsen, Frauke Petry, erhebliche rhetorische Fähigkeiten und auch eine gehörige Portion Intelligenz zusprechen. Ich fand immer solche Gesprächsrunden interessant, wo sie und die gute Sahra Wagenknecht mit- und gegeneinander diskutierten. Wobei mir Sahra freilich wesentlich lieber ist.
Nun, „rhetorische Fähigkeiten und auch eine gehörige Portion Intelligenz“ schützen nicht davor, (schrift)sprachlichen Mist abzusondern, und um solchen geht es hier. Beispiel aus meinem Zivildienst: Als ein vorgesetzter Arzt und Abteilungsleiter mitbekommen hatte, dass ich während meines Studiums schon nebenbei als Korrektor beschäftigt war, fragte er mich, ob ich, wenn es mal nichts zu tun gäbe, ein Manuskript seines Buchs zu einer bestimmten Erbkrankheit überlesen könne. Selbst einem hoch intelligenten und immerhin studiertem Mediziner unterliefen schriftsprachliche Fehler, die unglaublich waren! Das eine hat also mit dem anderen nichts zu tun! Und ob die Petry auch in dieser Hinsicht fehlerfrei schreibt, kann ich nicht beurteilen – ebenso wenig übrigens, ob das bei Frau Wagenknecht der Fall ist.
Richtig ist allerdings das geistige Tieffliegertum der Rechten und Faschisten, über das sich schon die Geschwister Scholl mokierten; siehe „Ungeistig“. Es ist schon auffällig, wie häufig Rechtspopulisten Sozialisten oder Kommunisten wie beispielsweise Orwell („1984“) oder Brecht für ihre krude Stimmungsmache herbeizitieren! Oder wie die neue Rechte Schlagwörter und Aktionsformen der 68er-Studentenbewegung und der APO übernehmen. Die sogenannte „Identitäre Bewegung“ ist ein rechter/rechtsextremer Abklatsch der Studentenproteste von damals! Das hindert sie alle natürlich nicht daran, die 68er als Ursache allen „links-grün versifften“ Übels zu sehen.
Es sind eben alle irgendwie Banausen!
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